(c) Pia1998
Sorge um Jac
Ich sah mich um. Wo war ich? Mit bunten Bildern nackter Frauen beklebte Steinwände und eine in den Stein geschlagene Tür. Ein Bett, auf dem ich gerade kauerte. Ich zitterte und mein Körper schrie förmlich nach einem Schuss. Andrew hatte es geschafft, mich innerhalb von vier Tagen süchtig zu machen. Süchtig nach Heroin, süchtig nach dem nächsten Schuss, den ich in meine Adern pumpen konnte.
Jetzt jedoch hatte ich diese Möglichkeit nicht. Der Mann würde mir nichts geben. Nicht einmal als Gegenleistung für Sex.
Wieder schweifte mein Blick durch den Raum. Zwei Stühle standen da vor einem Tisch. Aber was stand da auf dem Tisch?
Ich versuchte, dahin zu laufen, doch erst jetzt nahm ich wahr, dass ich mich kaum bewegen konnte. Meine Haut war dünn wie Papier und ließ sich so abziehen. Bitte lass das eine Wahnvorstellung sein.
Die Tür ging auf und der Mann kam herein, mit einem Tablett in der Hand. Ich bedeckte meine Brüste und meine Scham, auch wenn ich mir sicher war, dass er schon alles gesehen hatte.
„Ich brauche das Zeug“, sagte ich dann mit zitternder Stimme.
„Du brauchst gar nichts. Das Zeug macht Dich kaputt. Es tötet Dich.“
„Was vielleicht besser wäre?“
Er schüttelte seinen Kopf und stellte das Tablett auf den Tisch. Anschließend setzte er sich auf einen der beiden Stühle und sah mich an.
„Ihr Weißen seid komische Zeitgenossen. Für uns Aborigines ist der Tod der Weg in eine andere Welt, eine neue Ebene des Seins. Für euch ist es das Ende eines verkorksten Lebens.“
Antworten konnte ich ihm nicht. Ich begann zu heulen. Ob nun wegen seiner Worte oder weil ich nicht auf Droge war, konnte ich nicht abschätzen. Aber ich fühlte ihn wenige Sekunden danach an mir. Ich fühlte seine Hände, die mich umfassten und mich festhielten.
„Das Gefühl, dass Du das Zeug brauchst, wird vergehen. Und für die nächste Ebene bist du noch viel zu jung.“
In seinen Armen fühlte ich mich wohl, obwohl meine Haut wie Feuer brannte. Es beruhigte mich und gab mir den Halt, der mir gefehlt hatte.
„Deine Haut ist zu dreißig Prozent in der Sonne verbrannt. Es wird etwas dauern, bis sich Deine Haut von dem heftigen Sonnenbrand erholt hat.“
„Wie lange war ich da?“
„Ich hatte gehofft, das von Dir zu erfahren.“
„Bewusst habe ich zwei volle Tage erlebt. Aber der Tropf.“
„Psssssst. Kein Wort von diesem Teufelszeug.“
„Dann hatte ich einen Traum, in dem ich mich von einer lieben Freundin verabschiedet habe, und dann warst Du da.“
„Weißt Du noch, was vorher war?“
Ich fragte mich gerade, ob ich ihm jetzt eine Lebensbeichte geben sollte, und entschied mich dann auch dafür. Ich brauchte über eine Stunde, um mir meine Seele frei zu reden, und dabei war ich mit meiner Erzählung noch in Deutschland. Er war für mich ein völlig fremder Mann und dennoch war er gerade mein Rettungsanker und meine Vertrauensperson.
Liebevoll hatte er mich hochgenommen und an den Tisch auf einen Stuhl gesetzt.
„Smoothie?“, fragte ich, als ich den grünen Inhalt eines Glases sah.
„Nein, es wird Deinem Körper helfen, sich selber zu heilen. Sowohl bei den äußeren als auch bei den inneren Narben.“
Das Getränk roch nach nichts und schmeckte etwas bitter. Ich jedoch wurde danach müde und ließ mich von meinem Retter zurück ins Bett bringen.
Schreiend wurde ich wach. Ich hatte einen Albtraum, in dem ich die Vergewaltigung in Weipu wie in Zeitlupe erlebte. Ich wollte mich wieder in die Bettecke kauern, doch ich musste feststellen, das ich dick in Mullverbänden eingewickelt war.
„Guten Morgen“, sagte er in den Raum.
„Was ist das?“
„Ich habe gestern einen Arzt nach dir sehen lassen. Auf Deiner Haut ist eine Salbe und der Verband ist als Schutz da, damit Du nicht kratzt.“
„Es juckt aber.“
„Ja, und das soll es auch.“
Er verschwand kurz und kam mit seinem Tablett wieder. Dieses Mal ragte aus dem Glas ein Strohhalm heraus.
„Erzähl mir von deinem Traum.“
Ich trank aus dem Glas und erzählte von meiner Ankunft in Australien bis zu meiner Ankunft in Cairns.
„Jack West. Ja, den alten Haudegen kenne ich. Leider den anderen Namen auch. Schlaf jetzt weiter.“
So vergingen die Tage. Jeden Tag umsorgte er mich und mein Verlangen rückte in den Hintergrund. Gleichzeitig erzählte ich scheibchenweise meine Erlebnisse und ja, ich freute mich jeden Tag, ihn zu sehen.
Inzwischen war ich etwa eine Woche hier und meine Erzählung würde heute das Treffen mit Jac beschreiben. Ich erzählte von der Fahrt nach Brisbane und dann das Treffen mit Jac. Seine Augen wurden groß und er sah mich an, als wollte er in meinen Geist sehen.
„Du hast die Uru Labi getroffen“, sagte er dann.
„Du kennst sie?“
„Ich habe sie getraut und sie arbeitet gemeinsam mit meinem Sohn in …. Brisbane. Verdammt, weißt du, dass Dich der halbe Kontinent sucht?“
„Nein. Bitte. Nicht.“
„Jac muss erfahren!“
„Aber nicht so.“
Ich zeigte auf mich, auf meine nackte Haut, meine Arme, an denen noch immer die Einstichstellen zu sehen waren.
„Ich will ihr so nicht begegnen.“
„Warum?“
„Weil ich befürchte, dass sie mich dann wieder einsperrt“, sagte ich.
„Warum sollte sie das machen?“
Ich fing wieder an zu erzählen. Dieses Mal jedoch bis zum Ende. Bis zu dem Punkt, wo ich da gefesselt zwischen den Steinen lag.
„Jac redet in der Traumzeit immer wieder mit mir. Ich kann in der Traumzeit nicht lügen. Keiner kann das. Aber ich werde sie bitten, nicht weiter nachzufragen.“
„Du bist David.“
„Ja, der bin ich. Der Kreis schließt sich.“
David musste mich nach zwei weiteren Tagen nicht mehr füttern. Mein Verband war ab und ich sah nur noch rote Haut. Ich sah bald aus wie ein Indianer. Wenn das irgendwann in eine Bräune wechseln würde, käme ich den Aborigines sehr nah.
Die Tür war nie abgeschlossen und so konnte ich wenig später erste Schritte außerhalb meines Zimmers wagen. Einen Raum weiter war eine Küche. Zu meinem entsetzen Hang dort noch der wenige Rest von der Infusionslösung.
Warum war das da? War das ein Test von David? Nehmen. Nicht nehmen. Nehmen. Minutenlang ging ich um den kleinen Tisch herum. Ich sah nochmals auf meine Arme, dachte an die Tage zurück und schrie. Ich schrie aus vollem Hals.
„Verschwinde von mir. Ich will dich nicht.“
Ich riss den Beutel runter und nahm ein Messer. Langsam schnitt ich den Beutel auf und ließ den Inhalt in den Ausguss laufen. Wieder liefen meine Tränen, dieses Mal jedoch aus Freude darüber, dass ich der Versuchung widerstanden hatte.
„Ich bin sehr stolz auf Dich. Damit bist du über den Berg. Jetzt müssen nur noch deine Wunden heilen.“
Ich ging zu David hin und nahm ihn einfach in den Arm.
„Jetzt brauche ich nur noch etwas zum Anziehen, einen Rasierer und eine Dusche.“
„Hast Du schon einmal daran gedacht, das es Männer gibt, die das Natürliche lieben?“
„Können sie ja auch. Spielt es eine Rolle, ob da unten Haare sind?“
„Für mich ja. Ich hätte immer das Gefühl, da würde ein Kind vor mir liegen.“
„Dusche?“
„Gegenüber. Mit etwas Glück ist noch von Jac was da.“
Ich war schneller in der Dusche, als David das lieb war. Endlich Wasser auf meiner Haut. Der Rasierer, der da war, war neu und im Original verpackt. Von wegen von Jac. Über eine halbe Stunde war ich unter der Dusche und als ich wieder heraus kam, war eine dichte Wasserdampfwolke in dem Badezimmer.
Auf der Toilette lag Unterwäsche, eine luftige Bluse und ein langer Rock, der sehr nach Western aussah.
„Das steht Dir sehr gut.“
„Du hast mich beobachtet? Die ganze Zeit?“
„Nein, ich habe nur gehört, dass die Gürtelschnalle die Schüssel berührt hat.“
„Du achtest wirklich darauf, mich nicht wirklich ansehen zu müssen. Warum?“
„Den wirst du heute noch kennenlernen.“
David nahm mich an die Hand und führte mich über eine steinerne Treppe nach oben. Hier stand ich im Nichts.
„Wo bin ich hier? Das … ist …“
„Cooper Pedy.“
„Jacs Opalmine?“
„Deine Intuition spricht für dich. Nur weiß das außer Maxim und einem Anwalt keiner.“
Maxim? Oh Bitte.
„Diese Maxim ist Truckerin?“
„Ja.“
Mein Herz pocherte und für einen Moment holten mich meine Erinnerungen ein.
„Hallo David“, kam dann eine Stimme von hinter uns. Eine weibliche.
„Tianna. Schön dich zu sehen.“
Auch diesen Namen hatte ich schon gehört und ich nahm mir vor, mich selber vorzustellen.
„Hallo, ich bin Pia. Oh Scheiße. David. Eine Minute bitte.“
Ich zog David etwas von Tianna weg.
„Sie weiß, dass du ihr Vater bist? Jac hat das erwähnt.“
„Nein, sie weiß es nicht.“
„David. Du musst es ihr sagen. Um eurer Seelen willen.“
„Was ist mit unseren Seelen?“, Tianna hatte sich hinter uns geschlichen und bestand nun auf eine Antwort.
„Ich bringe immer alles durcheinander“, sagte ich leise und ging wieder nach unten, hinein in mein Zimmer und starrte einfach die Wand an.
Es dauerte einige Minuten, bis Tianna in das Zimmer kam.
„Jac hat hier gelegen, nachdem sie Anton in die Mine gestürzt ist.“
„Bist Du deinem Vater sehr böse?“, fragte ich.
„Nein, denn ich habe es schon lange geahnt. Ich fahre nach Brisbane, zu Jac. Möchtest du mit?“
Ich zog mich aus. Legte die Bluse und den Rock an die Seite und stand dann nur noch in Unterwäsche vor ihr.
„Sieh mich an, Tianna. Bis ich wieder die Frau bin, die ich war, bevor ich entführt wurde, werden noch Tage, wenn nicht sogar Wochen vergehen. Ich kann so nicht nach Brisbane zurück. Dahin will ich stark zurückkommen. Nicht als Wrack.“
„Du bist kein Wrack. Du bist eine wunderschöne Frau und ich kann Jac verstehen, dass sie sich in dich verliebt hat.“
Mit blieb gerade die Spucke weg. Ich brachte keinen Ton heraus.
„David hat mir erzählt, dass Du bereits das schlimmste hinter Dir hast. Ich kann dich wirklich mitnehmen. Ich kann Jac verstehen, dass sie dich so sehr sucht.“
„Jac würde mich im Moment in einen goldenen Käfig sperren. Hier bin ich irgendwie frei und von Menschen umgeben, die sich sorgen, ohne zu bestimmen.“
„Zeigst Du mir bitte das Tattoo?“
Zögerlich drehte ich mich um und präsentierte Tianna meinen Rücken. Zärtlich strichen ihre Finger über diesen und es fühlte sich so an, als würde sie die Konturen abfahren. Als sie meinen BH öffnete, ließ ich diesen einfach zum Boden gleiten. Ich sah an mir herab und blickte auf meine steinharten Knospen und auf die Gänsehaut an meinen Armen.
Kurz waren ihre Finger weg von meinem Rücken, doch nach wenigen Augenblicken drückte Tianna mir ihre Knospen in den Rücken. Ich spürte ihre Haut auf meiner. Ihre Hände suchten meine Hüften und glitten von da nach oben, hin zu meinen Brüsten, die sie zärtlich und liebevoll zwischen ihre Finger nahm.
Ich ließ die Zeit vergehen. Tianna war so unglaublich zärtlich, so sanft zu mir. Nur langsam drehte ich mich um und sah in ihre Augen, die sie vor mir verschloss und ihr Mund meinen Lippen nahekamen und sie schließlich berührten. Für einen Moment verloren wir uns in einem Kuss, der elektrisierte und uns beide feucht werden ließ.
Tianna und ich standen uns jetzt seit bestimmt mehreren Minuten gegenüber. Unsere Zungen spielten miteinander und jeder hatte eine Hand an und in der Scham des anderen. Tianna spielte mit meiner Perle und ich mit ihrer und noch im Stehen schenkten wir uns beide einen ersten Höhepunkt, der uns keuchend auf das Bett fallen ließ.
Irgendwie hatte ich mich etwas schneller erholt und drückte Tianna in die Matratze. Wieder küsste ich sie, glitt dann aber mit meiner Zunge tiefer. Über ihre Brüste weiter zu ihrer Scham. Als meine Lippen sich auf ihre Perle legten, sanft den Kitzler hoch saugten und ich diesen zwischen meine Zähne nahm, kam sie direkt ein zweites Mal.
Kleine Spritzer kamen mir entgegen und sie stöhnte unter mir laut auf. Erst als Tianna mich anflehte aufzuhören und ihr eine Pause guttun würde, ließ ich von ihr ab.
„Kennt Jac diese Leckkünste?“
„Ja, und sie hat mich dabei Anna genannt.“
Wir beide lachten. Dann aber drückte Tianna mich auf das Bett. Sie hob ein Bein von mir ab und zwängte sich dazwischen, bis sich unsere Perlen berührten. Direkt in der Berührung begann sie sich, mit kreisenden Bewegungen an mir zu reiben, was mir wohlige Wellen bescherte. Minutenlang ließen wir die Schere und die Bewegungen darin einfach geschehen. Zu schön war das Gefühl, zu sehr genoss ich ihre Leidenschaft. Schließlich ernteten wir beide den kleinen Tod und brachen völlig entkräftet und in völliger Entspannung in uns zusammen.
Es dauerte einige Minuten, bis wir beide wieder klar waren und uns dem, was geschehen war, bewusst waren. Das Bett musste neu bezogen werden und eigentlich hätte es eine andere Matratze benötigt, den auch diese war nass.
„Das müssen wir beiden unbedingt noch mal wiederholen“, waren nach dem Aufräumen dann auch Tiannas Worte.
„Vielleicht. Wenn ich in Australien bleibe.“
„Du willst zurück?“
„Dieses Land bringt mir kein Glück, Tianna. Vergewaltigt, Mord, Entführung, einige Tage glücklich und die Scheiße beginnt von Neuem.“
„Das ist kein Grund aufzugeben, Laburu.“
„La … was?“
„In unserer Sprache bedeutet das, die Leidende der Liebe.“ David stand in der Tür und es kümmerte ihn kein Stück, dass sowohl Tianna und auch ich nackt waren.
„Doch das ist kein Zustand, dem man einem Menschen dauerhaft gönnen mag.“
„Und dennoch erlebe ich das viel zu häufig.“
„Aber es liegt nicht an diesem Land. Schlechte Menschen wirst Du überall auf der Welt finden. Wichtig ist es, die zu halten, die Dir guttun, die Dich lieben, so wie Du bist.“
David ging mit diesen Worten wieder aus dem Zimmer und ich brachte Tianna nach oben, wo sie sich wieder auf den Weg machte. Gerade als sie mit ihrem Wagen losfuhr, kam auch David wieder zu mir.
„Komm, ich zeige Dir das Dorf.“
Dorf? Ich sah mich um. Hier waren Löcher in der Erde und das waren mehr als eines. Aber ein Dorf sah ich nicht.
„Wo?“, fragte ich dann auch verwundert.
An diesem Tag lernte ich einige, wenige neue Menschen kennen, die nett, freundlich aber auch mürrisch einer neuen Person gegenüber waren. Wir saßen am Abend in einer Bar, die Saloon, Coffeeshop und Verkaufsraum in einem war. David hatte mich in eine Ecke gesetzt und ich trank eine Cola, während er sich ein Budweiser bestellt hatte.
Es war schon spät, als ein Mann in die Bar kam. Zuerst nahm ich ihn nicht wahr. Hier waren in den letzten drei oder vier Stunden so so viele Menschen rein und raus gegangen, dass ich das nicht bemerkte. Erst als einer der Alten sein Wort erhob, wurde ich hellhörig.
„So so, mein Junge. Du möchtest also hier in diesem Nest eine Mine kaufen. Hört ihr? Der Bursche will eine Mine kaufen.“
„Nein. Ja. Ich denke schon.“
„Was denn nun?“
Mero! Mero war hier. Seine Stimme. Ich machte mich hinter David klein.
„Einer der Bösen?“, fragte er dann leise.
„Nein, mein Leben. Er soll mich nicht so sehen.“
David sah mich an, dann wieder in Meros Richtung. Dann stand er auf und ging zu ihm.
„Warum glaubst Du, ist es sinnvoll, hier eine Mine zu kaufen, in der es fast nichts mehr gibt.“
Mero setzte sich auf eine Tischkante.
„Mein Vater glaubt, dass sein Sohn eigenständig werden soll.“
„Und deswegen soll es gleich eine möglichst wertvolle Mine sein.“
„Selbst wenn sie leer wäre. Sie würde reichen, um Nachdenken zu können.“
„Du meinst, um vergessen zu können?“
Ich sah, dass Mero nickte und mir lief eine dicke Träne die Wange herunter. Wollte er mich vergessen? Hatte er das schon?
„Warum willst du vergessen“, kam von einem der Alten.
„Weil man mir das Teuerste genommen hat, was ich hatte.“
„Seine Freundin hat sich von ihm getrennt.“
Begleitet war das von lautem Lachen der Alteingesessenen.
„Nein, sie ist hier irgendwo umgebracht worden. Und ich bin daran Schuld.“
„Also willst du dich vergraben?“, fragte ein anderer und es klang, als wenn das Argument nicht ganz neu wäre.
„Niemand trägt Schuld an dem Handeln anderer“, stellte David fest. „Wiederbringen kann sie dir aber niemand, außer du selbst.“
„Eine Tote zum Leben erwecken, wenn man noch nicht einmal weiß, wo sie genau liegt?“
„In der Traumzeit könntest du mit ihr reden. Von Angesicht zu Angesicht. Aber bedenke. In der Traumzeit kannst du nicht lügen. Du wirst ihr dabei die Wahrheit sagen müssen.“
Ich saß inzwischen mit einem breiten Grinsen in meiner Ecke. Mero wurde immer kleiner, aber es hatte auf mich den Eindruck, dass er wirklich glaubte, dass ich tot wäre und dass er sich die größten Vorwürfe machte.
„Sie sagen, es gibt die Möglichkeit, sie zu sehen? Sich mit ihr zu unterhalten? Sich zu entschuldigen?“
„Entschuldigen? Wofür mein Junge?“
„Dafür, dass ich sie alleine gelassen habe.“
„Diese Möglichkeit gebe ich dir.“
„Wo? Hier? Jetzt?“
Es war die pure Hoffnung, die aus Mero heraussprudelte. Ich jedoch fragte mich, wie David das anstellen wollte.
„Geh schon mal nach oben. Ich hole Holz für ein Feuer und dann gehen wir einige Meter, um Ruhe zu haben.“
„Ja … Sicher.“
Gerade als Mero oben war, stand David auch schon bei mir.
„Überlege gut, ob Du ihn zurückhaben möchtest … ach egal … Deine Augen verraten Dich. Spiel dennoch mit. Die Wahrheit tut manchmal weh. Beiden.“
David nahm einen Stapel Holz aus einer Ecke und ging nach oben. Gleichzeitig deutete er mir an, dass ich ihm folgen sollte, was ich dann auch mit gebührendem Abstand machte.
Der Platz, den David ausgesucht hatte, war eigentlich genau über meinem Schlafplatz. Er hatte Mero in eine kleine Senke gelotst, wo ich mich gut hinter den beiden, im Schutz eines kleinen Hügels, verstecken konnte.
„Junger Mann, du selbst musst das Feuer entfachen.“
Mero stapelte, ja fast schon aufgeregt, das Holz und zündete es danach mit einer Zeitung an.
„Was jetzt?“
„Du bist zu ungeduldig, junger Mann. Du solltest in der Traumzeit nackt sein, denn ich vermute, deine Angebetete wird es auch sein.“
Ich stellte meine Arme empört in die Hüften. Mero stand mit dem Rücken zu mir und so konnte David mich sehen. Dennoch, oder auch gerade, weil David das so wollte, entledigte ich mich auch meiner Kleidung, die ich nach unten warf. Ja, manchmal machte es Sinn, eine unterirdische Wohnung zu haben.
Nachdem ich wieder zu den Beiden blickte, saßen sie bereits im Schneidersitz vor dem Feuer. David brummte vor sich hin und in der Ferne war ein Didgeridoo zu hören.
„Schließe deine Augen und höre auf die Klänge des Didgeridoo. Wenn sie dich sprechen will, wird sie sich dir offenbaren.“
Keine Minute später stand David auf und kam zu mir.
„Lass ihn wenigstens ein paar Minuten zappeln.“
Langsam und vor allem leise setzte ich mich auf den Platz, auf dem gerade noch David gesessen hatte. Tief atmete ich durch, dann sprach ich leise zu Mero.
„Du hast nach mir gerufen?“
Schlagartig öffnete Mero seine Augen. Bereits bei ersten Ton von mir, sah er mich entgeistert an, blickte links und blickte rechts.
„Pia … ich …“
„Du hast mich alleine gelassen. Alleine mit den Schergen deines Vaters, die mich nach Tagen der Qual, zum Sterben abgelegt haben.“
„Ich habe meinem Vater so blind vertraut. Verzeih mir bitte.“
Irgendwie war ich gerade froh, dass ich noch aussah wie ein gekochter Hummer. Selbst im Schein der Flammen muss meine rote Haut deutlich zu sehen gewesen sein.
„Sieh mich an Mero. Ich habe drei Tage gefesselt in der Sonne gelegen, bis ich eingeschlafen bin.“
„Deine Schmerzen müssen heftig gewesen sein.“
„Nein, denn gleichzeitig hat man mich mit Drogen vollgepumpt. Statt zu schreien, habe ich die Sonne angelächelt.“
Mero weinte und rieb sich immer wieder die Tränen aus dem Gesicht. Dann legte er seine Hände vor sein Gesicht.
„Es tut mir so leid. Mein Vater sagte, dass er dir Geld gegeben hat, damit du gehst.“
„Das hat er auch. Er hat mir einen Umschlag mit Geld gegeben. Er würde mich niemals an deiner Seite akzeptieren und deswegen würde mein Flieger gleich gehen. Es war Jason, der das Geld nahm und mich weggebracht hat. Es war sein Freund, der mich zur Prostitution zwang und derselbe der mich zum Sterben ins Outback gelegt hat. Alles nur weil dein Vater glaubt, dass Geld alles im Leben ist.“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll … außer …. dass ich Dich liebe.“
„Deine Liebe alleine reicht nicht, Mero. Dein Vater hat mich in der Mine gesehen. Er hat mir nicht geholfen. Er hat sich nur Andrew zur Brust genommen, dass ich dort nicht sein sollte und er mich in einen Flieger setzen soll. Da hatte er mich aber schon an der Nadel. Ich hatte nie eine Chance. Nicht bei dir, der nicht für seine Liebe gekämpft hat, nicht bei deinem Vater, der in mir nur eine Stripperin und Nutte gesehen hat und seine Leute setzen das, was dein Vater sagt, nur zu ihrem Vorteil um.“
„Ich weiß, dass ich das nie wieder gut machen kann, dennoch bitte ich dich um Verzeihung.“
David kam in die Szene hinein und kniete sich neben das Feuer, so dass er zwischen uns war.
„Ich kann die Sequenz nicht mehr lange offen halten. Schließe nun die Augen, weißer Mann.“
Nachdem Mero seine Augen geschlossen hatte, machte ich mich auf einen Handzeichen hin dünn. Ich verschwand wieder hinter den Hügel. Die Töne des Didgeridoo waren nicht mehr zu hören und David fasste Mero an die Schulter.
„Es ist vorbei.“
„Das, war, so, real.“
„Hat es dir geholfen?“
„Es hat mir gezeigt, dass ich meinem Vater nicht hätte trauen dürfen. Dass ich auf meine Liebe hätte aufpassen müssen. Dann würde sie noch leben.“
„Das, weißt du nicht. Das Leben hat seinen eigenen Weg. Den kannst du vielleicht mit deinem Geld positiv beeinflussen, aber niemals wirst du mit Halten und Aufeinanderhocken eine Liebe erhalten können.“
Ich sah, dass Mero seinen Kopf hängen ließ und von David nach unten geführt wurde. Durch ein Loch in der Decke hörte ich die beiden dann wieder.
„Was soll ich hier?“
„Da wir hier kein Hotel haben, biete ich dir einen Schlafplatz an.“
„Das bringt sie mir nicht wieder.“
„Jetzt wieder nach Hause zu fahren bringt weder dir, noch deinen Freunden etwas.“
Auf dem Tisch stand ein Glas Wasser und David drückte Mero eine Pille in die Hand. Damit könne er besser schlafen, sagte ihm David. Mero nahm sie und legte sich dann in das Bett, in dem ich mich vor wenigen Stunden noch mit Tianna vergnügt hatte. Kurz danach stand David wieder neben mir.
„Glaubst du ihm?“
Ich nickte: „Ja.“
„Dann musst du entscheiden, ob er morgen Früh neben seiner Traumfrau oder alleine aufsteht. Bedenke aber, er wird es für einen erneuten Traum halten, nach der Nummer gerade.“
„Ich weiß.“
Gemeinsam mit David ging ich noch mal zurück in die Bar, wo ich auf jemanden traf, die ich bereits kannte. Sie stand da und unterhielt sich gedämpft mit einem Mann an der Bar.
„Gott, kotzen mich diese Fahrten in die Mine an.“
„Du hast doch Glück. Jedes Mal eine der Damen, die dich glücklich leckt.“
„Da war ich jetzt seit der Kleinen nicht mehr. Seit dem ich gesehen habe, dass sich eine Frau auf einem Schwanz umbringen wollte, ist mir dieses Gebäude zuwider.“
Ich war in dem Moment eigentlich, gedanklich schon wieder auf dem Weg nach draußen, aber David ging mit mir an der Hand bereits den Weg zu ihr.
„Maxime“, sprach er sie an. „Wusstest du, dass es für die Mädchen Zwang ist? Das sie unter Drogen ihrer Arbeit nachgehen?“
„Nein“, Maxime drehte sich mit einem fragenden Gesicht um.
Irgendwie fand ich es jetzt an der Zeit, aus dem Schatten von David herauszutreten. Das Gesicht von Maxime sprang von verwundert, zu geschockt und dann zu überglücklich. Sie sprang mir fast an den Hals und erdrückte mich minutenlang.
Maxime gönnte mir gerade einige Sekunden der Ruhe, da zückte sie auch schon ihr Handy. David wollte noch Nein sagen, doch sie hatte bereits einen Videoanruf gestartet.
„Guten Abend Maxime. Hast du wieder Sehnsucht? Oh, du bist ja in der Bar.“
Jac´s Stimme. Sofort kamen mir die Tränen.
„Auf dich habe ich immer Lust. Das weißt du doch.“
Und ich war mir sicher, dass hier jetzt mindestens zwei oder drei der Männer übelstes Kopfkino bekamen. Dennoch versuchte ich, mich der Szene zu entziehen. Na ja, bis Maxime das verhinderte.
„Ich habe hier jemanden, der dir gerne guten Abend sagen möchte.“
Mein Blick in ihre Richtung war alles, aber nicht erfreut. Doch irgendwie fühlte ich den Druck der anderen auf mir und so ging ich zu Maxime. Die drückte mir das Handy in die Hand, das ich mir zuerst an die Brust hielt.
„Hey, ich sehe nichts. Wer ist denn da?“
Ich hatte meinen Daumen auf die Innenkamera gelegt. Langsam hob ich das Handy hoch, bis ich Jac sah, ohne das sie mich sehen konnte. Mit einer Kurzhaarfrisur wartete sie darauf, endlich ein Bild zu bekommen, mit dem sie etwas anfangen konnte. Mir kamen die Tränen. Nein. Nein. Nein.
„Jac, es tut mir so leid.“
Damit drückte ich das Handy wieder in Maxime´s Hand und rannte raus an die frische Luft. Ich konnte nicht. Noch nicht.
Ich ließ nichts mehr an mich heran. Für einen Moment war es zu viel für mich. Jetzt war die Frage, auf dem Sofa schlafen oder halt bei Mero? Eigentlich wollte ich ihn ja gerne noch etwas zappeln lassen. Aber ich brauchte ihn. Ich brauchte Nähe.
Verdammt, warum schläft der Kerl nur nackt? Gerade als ich die Decke wegnahm, um mich zu ihm zu legen, sah ich diesen nackten Körper und ja, ich sah auch seinen Freudenspender. Auch ich zog mich, nicht ganz ohne Hintergedanken, ebenfalls ganz aus und legte mich dann in den Löffel hinein, den er mir eröffnete.
Vorsichtig kuschelte ich mich in Mero hinein. Warum nur, hatte der jetzt eine Latte? Ich hatte seine Spitze an meinem Eingang und drückte mich einfach auf ihn.
Gott, Pia, was tust du? Mein Körper war, entgegen meines Kopfes, voll auf Sex eingestellt. Ich war nicht nur feucht. Ich war nass. Klatschnass. Hatte ich erhofft, mich langsam auf ihn draufficken zu müssen, rutschte Mero´s bestes Stück durch mich hindurch, bis er an meinem Muttermund anklopfte. Ich konnte mir ein lautes Aufstöhnen nicht verkneifen, aber von Mero kam keine Reaktion.
Mero legte stattdessen seinen Arm um mich und drückte mich an sich. Fest knetete er meine Brust und das ohne aufzuwachen.
Meine Hand suchte meine Perle und mit leicht kreisenden Bewegungen brachte ich mich auf Touren. Pia was tust du? Schlaf doch erst mal. Wieder reagierte mein Körper anders, als ich das vom Kopf her wollte. Mein Becken glitt vor und zurück und nach nur wenigen Zügen wurden meine Bewegungen abgehakter und ich stöhnte lauter, als es mir lieb sein konnte.
„Mmmmmh.“
Oh, verdammt. Mero wurde wach. Ich drehte mich etwas, so dass ich zwar noch immer seinen Harten in mir hatte, ihm aber in die Augen sehen konnte. Diese waren noch immer geschlossen.
„Du riechst so gut.“
Mero legte seine Hand an meine Klit und bespielte sie, was mich wieder sofort aufstöhnen ließ. Dann nahm er seine Hand und führte sie zu seinem Mund und leckte sie ab.
„Und du schmeckst so gut.“
Ich biss mir fast auf die Lippen, um ihn nicht zu wecken, doch seine Hand ging wieder auf Wanderschaft. Zuerst lag seine Hand nur auf meinem Bauch, dann strich er mit festem Druck hoch zu meinem Busen, den er sofort wieder fest in seine Hand nahm.
„Wenn das doch nur Wirklichkeit wäre.“
Oh ja, Mero. Und wie wahr das ist. Als wenn Mero sich in seinem Traum wohlfühlen wollte, fing er an, mich zu ficken. Tief, langsam und so unglaublich sanft. Gott Mero, ich komme. Wieder stöhnte ich und merkte, wie mich mein Höhepunkt überrollte. Schnell holte ich mir seinen Kopf heran und dann trafen sich unsere Lippen. Meinen Höhepunkt keuchte ich in seinen Mund hinein und dann waren plötzlich seine Augen auf und sahen in meine.
Seine Hand lag noch immer auf meinem Busen und so kniff er heftig hinein, was mich einen heftigen Schmerzensschrei entfahren ließ.
„Kein Traum?“, fragte Mero leise.
„Nein, Du Idiot. Kein Traum.“
Wir verloren uns in einem Kuss, der nie enden wollte und als wir endlich in einandergekuschelt zum Schlafen kamen, war das Bett wieder genau so nass, wie zu dem Zeitpunkt, als ich Tianna verabschiedet hatte. Ich hatte Mero´s süßen Schweiß auf meinem Körper und er den meinen auf seinem.
Am Morgen wurde ich wach, weil Mero wieder in mir war und sich langsam und sanft in mir bewegte.
„Hey, mit Sex geweckt werden ist unfair.“
„Das sagt die Richtige.“
„Bei mir ist das auch was anderes.“
„Sagt wer.“
Gleichzeitig stieß Mero heftig und tief in mich, was bei mir zu einem spitzen Schrei führte. Ich legte mich dann auf den Bauch und reckte Mero meinen Po entgegen, den er dankbar noch etwas höher zog, um mich im Doggy um den Verstand zu ficken. Laut klatschten seine Lenden an meinen Hintern und er drang jedes Mal so unglaublich tief in mich ein. Jeden Ton stöhnte ich in das Kopfkissen hinein. Gott war dieser Mann gut in dem, was er tat.
Als Mero dann kam, hatte ich bereits den zweiten oder dritten Höhepunkt an diesem Morgen. Nach dem Duschen gingen wir in den Raum, in dem die Küche war. Dort saßen bereits David und Maxime bei einer Tasse Kaffee und unterhielten sich angestrengt.
„Maxime“, sagte David mit seiner weichen Stimme, „Es macht keinen Sinn, nach Brisbane zu fahren und sie zu suchen. Du weißt doch nicht einmal, wo du anfangen sollst.“
„Was ist mit Jac?“
Ich wusste sofort, dass sie gemeint war, ohne auch nur im Ansatz ihren Namen gehört zu haben.
Maxime und David sahen sich an und erst als David ihr zu nickte, kam sie mit der Sprache raus.
„Jac klang gestern Abend wie betrunken. Sie war blass und hatte Blut an ihren Armen.“
„Jac war seit einer Woche nicht im Loft“, sagte dann auch Mero kleinlaut. „Aber sie ist mit meiner Zwillingsschwester unterwegs. Hoffe ich.“
„Hast Du sonst noch etwas zu erzählen?“, fragte ich dann nach.
„Ähm … Nun ja … Sie hatte einen Traum, in dem Du gestorben bist, und hat sich danach versucht, vom Dach zu stürzen. Ich habe sie aufgefangen, aber seit dem ist sie weg.“
„Wohin, Mero?“
„Meine Schwester sagt immer, es geht ihr gut.“
„Wo?“
„Ich weiß es nicht.“
„Du verlierst zu oft Frauen“, stellte ich fest. Ich drehte mich zu den anderen. „Hat jemand ein schnelles Auto?“
„Pia?“
„Boah Mero. Schlüssel?“
„Wenn du achtzehn bist und einen Führerschein besitzt. Dann darfst du.“
Maxime fiel in dem Moment jeder lächelnde Gesichtszug aus dem selbigen. Sie sah mich an, als wäre ich ihre eigene Tochter.
„Du bist noch keine achtzehn?“
„Nein. Das dauert noch etwas“, sagte ich dann kleinlaut.
„Ich bringe Dich hin.“ Sagte Mero.
„Und ich habe eine Verabredung in der entgegengesetzten Richtung.“
Maxime nahm sich Mero´s Handy und rief sich selber an. Erst dann gab sie es wieder zurück.
„Und wehe Dir, Du hältst mich nicht auf dem Laufenden“, drohte sie Mero.
Damit war Maxime draußen und ich wollte Mero schon hinter mir herziehen, aber er setzte sich gemütlich an den Tisch.
„Mero. Wir müssen los.“
„Wir müssen erst mal einen Kaffee trinken.“
„Mero“, sagte ich nun lauter. Doch er nahm nur sein Handy zur Hand.
„Ja, Hallo … Mero Gamler hier … Ich bin gerade in Cooper Pedy, muss aber sofort zurück nach Brisbane … Von mir aus eine fliegende Untertasse … Aber der Firmenheli reicht zur Not auch, ja natürlich … In zehn Minuten. Hört sich gut an.“
Damit beendete Mero das Gespräch und David und ich sahen uns an.
„Heute Nachmittag sind wir in Brisbane. Oder sind Dir 2500 Kilometer Autofahrt in zwei Tagen lieber.“
„Nein. Alles gut.“
Zwanzig Minuten danach waren wir in der Luft und bereits am Nachmittag, nach sieben Stunden Flug, in Brisbane. Unser erster Weg war das Loft, doch da kamen wir nicht mehr hinein. Ich hatte keinen Schlüssel mehr und als ich Mero nach seinem fragte, musste der kleinlaut zugeben, dass er auf Weisung von Jac den Schlüssel an seine Schwester weitergeben musste.
Unschlüssig saßen wir auf der Treppe, die hoch zu unserem Eingang führte.
„Erzähl mir was von deiner Schwester.“
„Ihr Name ist Lucilia und wir sind eineiige Zwillinge.“
Ich musterte Mero.
„Von Dir gibt es einen weiblichen Part? Ich glaube, ich werde lesbisch.“
„Untersteh Dich. Außerdem ist sie vollkommen durchgeknallt.“
„Wie muss ich mir das Vorstellen?“
„Sie ist in der Gothikszene unterwegs und versucht sich als Vamp.“
„Hey, wer sitzt da auf der Treppe“, lenkte uns eine Stimme ab.
Stella kam die Treppe hoch und als sie mich sah, hielt sie ihre Hand vor den Mund. Sie sah mich einfach an. Erst als ich selbst aufstand und mich in ihre Arme legte, kamen auch ihr die Tränen.
„Pia. Wir alle haben gedacht, dass Du … Also das dir …“
„Ich lebe und nur das zählt. Wo ist Jac?“
Eli kam jetzt auch die Treppe hoch, blieb ebenfalls wie angewurzelt stehen und sah mich an, als wenn sie eine Tote sehen würde.
„Ok. Mit wie vielen muss ich noch rechnen, die glauben, dass ich nicht mehr lebe?“ Doch ein Blick in die Gesichter sagte mir, dass es wohl noch viele sein würden. Dann war es Eli, die einen Schlüssel aus der Tasche holte und das Loft auf machte.
„Ich denke, den brauchst Du mehr wie ich.“
Wenig später saßen wir auf dem Sofa und Anajari kam ebenfalls ins Loft mit einem dicken Buch in der Hand. Genau das landete bei meinem Anblick laut krachend auf dem Boden. In der Sprache der Aborigines murmelte er etwas, das keiner wirklich verstand.
„Die Traumwelle hat es mir schon gestern gesagt. Wir haben eine neue Laburu. Auch wenn das kein Titel ist, den man einer Person wünscht.“
„Sarah Laburu bitte. Also ab jetzt.“
„Was bedeutet das?“, fragte Stella sofort.
„Laburu steht für Leid und Schmerz. Der oder die in der Liebe leidende.“
„Anderes Thema Anajari. Weißt Du, wo Jac ist?“
Er sah mich versteinert an. Er sah uns alle versteinert an.
„Ich habe sie auch seit einigen Tagen nicht gesehen. Dabei muss sie noch etliche Dinge unterschreiben.“
Anajari legte das Buch auf den Tisch. Es war eine Kostenaufstellung, die länger war, als alle Einkäufe, die wir die letzten Wochen hier getätigt hatten.
Anajari erklärte dann, das die Firma eine hohe Geldsumme erhalten hatte und Jac dann alle die Dinge gekauft hatte. Einige Lieferung kamen mit kleinen Überseekontainern, die dann einen Tag später direkt wieder abgeholt wurden. Das war insgesamt drei Mal geschehen. Alle Ausgaben hatte einen Kostenrahmen von rund 1,5 Millionen Dollar.
Jetzt war es an uns, dass wir uns ins Gesicht blickten. Dann erzählte Anajari weiter.
„Zu allem Überfluss hat Jac mit Lucilia´s Hilfe eine Firma gegründet, die dea noctis heißt.“
„Göttin der Nacht“, funkte Stella dazwischen.
„Und wo hat die Firma ihren Sitz?“, fragte ich dann nach.
„Unser Büro.“
Wir waren keinen Schritt weitergekommen. Da saßen hier vier gelehrte Leute in meinem Wohnzimmer und keiner hatte einen Plan.
„Sagt mal, ich war drei Wochen weg und hier läuft alles aus dem Ruder? Gib mal bitte das Buch.“
Ich überflog die Bestellungen und erkannte Lichtanlagen, Verstärker, Boxen, Laser, unzählige Trockenbauplatten, allerdings auch Klinikzubehör, dass sofort für einen warmen Schauer bei mir sorgte. Dazu jede Menge Leder und Latex. Einzige Einnahmequelle war bisher der Verkauf von Altmetall. Zehn Tonnen Metall.
Langsam blätterte ich zurück, als mir ein ganz dicker Brocken ins Auge fiel. Jac hatte einen alten Militär LKW erstanden, der einen Stromgenerator trug, der laut dem Datenblatt für ein Feldlazarett ausreichen würde. Dazu zwei 10.000 Liter Tankanhänger, zwei alte Reisebusse und insgesamt acht ausgemusterte Leichenwagen. Was machte man nur damit?
Es dauerte eine Weile, bis es bei mir Klick machte.
„Jac hat sich eine komplette Disco bestellt. Aber wenn ich das so sehe im dunklen Gothik Bereich. Ist das eine Marktlücke?“
„Die Einzige, die wir hatten, hat die Polizei geschlossen. Das war an dem Abend, an dem Jac gesagt hat, das Du Tod bist.“
„Und mit wem war sie da unterwegs?“
„Lucilia“, sagten alle im Raum gleichzeitig.
„Es gab wirklich nur diese eine Disco in diesem Bereich?“
„Ja, und die berüchtigtste zugleich. In ihrem Umfeld verschwanden immer Menschen.“
Nach über drei Stunden der Diskussion waren wir genau da, wo wir begonnen hatten. Jac war weg und wir wussten nicht, wo sie war. Stella war bereits gegangen, denn sie musste tanzen. Eli war zu ihrem Sohn und Anajari und Mero diskutierten darüber, wo man am besten eine Disco aufbauen konnte. Nur zu einem Ergebnis kamen die beiden nicht.
Es war bereits nach Mitternacht, als ich mich von Mero in den Nachtclub fahren ließ. Ich brauchte Ablenkung und ging auch direkt in das kleine Büro von Albert. Ich wartete kein, Herein, ab. Ich sah ihn da nur über seinen Büchern sitzen und setzte mich einfach nur auf seinen Schoß und lag dann, heulend, minutenlang in seinen Armen.
Erst als ich mich beruhigt hatte, erzählte ich ihm das, was ich die letzten Wochen erlebt hatte und auch das Mero nichts dafür konnte. Denn ich sah immer wieder die Faust von Albert und den bösen Blick, den er Mero zuwarf.
Nach und nach kamen auch die anderen des Clubs dazu und irgendwann auch Stella, die gerade einen Strip hingelegt hatte und jetzt nur im String neben mir stand. Auch wenn ich vieles im Nebel der Droge nicht mehr wusste. An dieses Segelschiff erinnerte ich mich und jetzt hatte ich dieses Segelschiff direkt vor meiner Nase.
„Wir beide müssen reden“, schnappte ich mir darauf Stella und zog sie hinter mir her in die Umkleide, wo wir alleine waren.
„Mach mich zu einer Gothic Braut.“
„Pia, das wird nicht gut Enden.“
„Mach bitte.“
„Möchtest du lieber rot mit schwarzen Strähnen oder umgekehrt?“
„Etwas mehr Schwarz als Rot.“
Während Stella meine Haare färbte, fing ich an, von der Zeit in der Mine zu erzählen.
„Weißt du, da wird ein Ehepaar erpresst. Man sagt ihnen, wenn sie nicht spuren, so wie es von ihnen erwartet wird, werden sie ihre Tochter in die Prostitution zwingen.“
„Die Armen.“
„Ja, und der Mann ist schon so panisch, dass er jede Neue als einer der Ersten ausprobiert. Nur um sich zu vergewissern, dass es nicht seine Tochter ist.“
„OK. Das bedeutet, er war auch bei Dir?“
„Ja, und er hat an mir einen Leberfleck gesucht. In Form eines Segelschiffes.“
Das war der Moment, an dem Stella ihr tun an meinen Haaren einstellte. Sie zitterte.
„Jacky, deine Eltern leben und haben unglaubliche Angst, dass dir etwas geschieht.“
Weiter kam ich nicht. Sie saß direkt auf meinem Schoß und küsste mich.
„Bitte. Nenn mich weiter Stella. Bitte“, flehte sie mich an.
„Aber natürlich. Erst befreien wir deine Eltern und dann darfst du dich wieder umbenennen.“
Als ich weitererzählte, was geschah, war Stella immer wieder am Stocken. Nach über einer Stunden, und es war bestimmt schon zwei Uhr nachts, zog Stella mich zu einem Spiegel. Sie legte ihre Hände vor ihren Mund.
„Wo ist Pia?“, fragte Mero von der Tür und auch er erkannte mich im ersten Moment nicht mehr. Erst als ich mich umgedreht hatte und ihn anlächelte, kam er mit einem breiten Grinsen zu mir.
„Gott siehst du heiß aus.“
Meine roten Haare waren fast verschwunden. Stella hatte mir in der einen Stunde eine schwarze Grundfarbe in die Haare gemacht. Dabei hatte sie etwa ein Viertel meiner Haare rot belassen und zusätzlich noch grellblaue und fast schon neongrüne Strähnen gesetzt.
„So lasse ich Dich nicht mehr aus den Augen“, war dann auch Mero´s einzige weitere Reaktion.
Ganz unrecht hatte er mit seiner Äußerung nicht. Alleine auf dem Weg nach draußen erntete ich Pfiffe der Gäste. Einige wenige waren ja noch da. Als dann einer versuchte, mich zu sich zu ziehen, hatte dieser schneller Mero´s Hand an seinem Hals, als ihm das selber lieb sein mochte.
Eine halbe Stunde später lagen Mero und ich im Bett. Zusammengekuschelt und eng umschlungen schliefen wir beide ein.
Die Nacht war kurz und bereits am frühen Vormittag waren wir bei Anajari im Büro. Andre war inzwischen auch da und er hatte einen kleinen Kasten dabei.
„Was ist das?“, wollte ich dann auch wissen.
„Wir aktivieren deinen Chip wieder.“
Ich sah an die Innenseite meines Armes. Den Chip hatte ich ja ganz vergessen.
„Und Gamler, oder dessen Schergen sehen dann auch, wo ich bin? Nein Andre, das ist der falsche Weg.“
„Wie dann? Mero hat mir geschrieben, das du in die Szene willst und in der hat die hiesige Polizei erst vor knapp zwei Wochen einen Organhandel Ring gesprengt. Wir alle wollen, dass du nicht wieder weg bist.“
Hatte Andre das gerade wirklich gesagt?
„Nur wenn du den Code auch änderst“, sagte ich dann. „Und ich will ein Handy als zusätzliche Sicherheit. Bei den Smombies hier in Brisbane fällt ein Handy mehr nicht auf.“
„Das gibt aber keine zusätzliche Sicherheit“, wendete Mero ein.
„Doch. Einmal jede Stunde muss ich mich melden, oder es kommt einer von euch zum Gucken.“
„Pia!?“
„Mero, ich will Jac finden und da sind Wachhunde eher hinderlich. Also?“
Eine Stunde später hatte Andre meinen Chip umprogrammiert und ich hatte ein Polizeihandy, wo sie sogar alles Gesprochene mithören konnten. Einer besonderen App sei dank.
„Warum nimmst du das jetzt nicht?“, wollte Mero dann auch wissen, als ich ohne Handy losging.
„Es reicht mir bis heute Abend, dass Du sehen kannst, wo ich bin. Du musst nicht auch noch alles mithören.“
Andre und ich grinsten uns an, fast so als würde er mir zustimmen.
Den Tag verbrachte ich damit, mich neu einzukleiden, und hatte am Nachmittag dann zwei Kleider mit in das Büro genommen. Ein Kleid hatte eine rote Grundfarbe und wäre auch im Alltag tragbar gewesen. Zum Gothic Hit wurde es erst durch die schwarze Spitze, die etwas von Dracula hatte. Fledermäuse und die Zeichen des Antichristen waren darauf zu sehen. Aber hey, das rote Kleid konnte ich auch ohne die Spitze tragen.
Das zweite Kleid war mehrlagig und mehr der Steampunk Szene zuzuordnen. Der Unterrock war in Grün gehalten, der Oberstoff war aus schwarzem, fast blickdichten Nylon und viel Spitze gezaubert. Hinten war das Kleid fast knöchellang. Vorne jedoch konnte man mit einer leichten Handbewegung direkt auf die Scham blicken. Die Krönung jedoch war, das das Kleid, auch meine Brüste nicht festhalten oder verbergen würde.
„Das ziehst Du draußen nicht an“, war da auch gleich Mero´s Reaktion und ich wusste, dass ich es doch tun würde. Ich sah ja nicht nur die Beule in Mero´s Hose. Selbst Anajari und Andre hatten mir beim Umziehen mehr oder weniger unfreiwillig zugesehen, und natürlich auch mehr Blicke erhascht, als es Mero lieb war.
„Mero. Ich brauche Informationen und die bekomme ich nicht, wenn ich als graue Maus durch Brisbane laufe. Ich muss auffallen.“
Das nächste Problem war mein Tattoo. Durch die Convention waren da viele Bilder von im Umlauf und ich bildete mir auch ein, dass Lucilia es im Loft gesehen hatte. Sie würde also den Braten riechen.
„Das Tattoo muss noch überschminkt werden. Das ist zu auffällig.“
Wir beratschlagten und planten noch den halben Abend, als gegen 22 Uhr eine junge Frau in unser Büro kam und recht erschrocken feststellen musste, das hier noch jemand war. Doch anstatt wegzulaufen, ging sie in die Offensive.
„Wo ist diese falsche Schlange.“
„Wer?“
„Jac.“
„Warum?“ fragte ich und drehte mich zu ihr um. Ich blickte in die Augen einer Aborigine.
„Bei den Göttern. Noch so eine Verrückte. Jac hat einen Liter Dicodin von meinem Schreibtisch entwendet.“
Ich sah in die Runde. Den Begriff kannte ich nicht und auch bei den anderen hier im Raum war betretenes Schweigen. Keiner sagte etwas.
„Was ist das?“, fragte ich dann auch nach. Eine Antwort bekam ich von Anajari.
„Es ist der offizielle Name für eine Substanz, die von unseren Medizinmännern angemischt wird. Sie hält wach. Tagelang. Sie macht resistent vor Drogen jeder Art, hilft beim Entwöhnen von Süchtigen und enthemmt. Mit einem Liter dieser Tinktur hast du gut eintausend Einheiten. Es wird in einer Flüssigkeit dargereicht und ist geschmacklos.“
Jetzt wusste ich, wie es David geschafft hatte, mich in nur einer Woche absolut clean zu bekommen. Aber ich war dauermüde. Also hatte er mir nur einen bestimmten Bestandteil verabreicht.
Dari, so stellte sich die Frau dann vor, war ein Undercovercop und hatte zwei Jahre gebraucht, um in die Szene reinzukommen. Nicht als Partygast, sondern als Bedienung. Sie wollte unbedingt bei der Suche nach Jac helfen, aber ich glaubte, dass sie vorallem ihr Dicodin wiederhaben wollte.
Für diesen Abend hatten wir uns drei Partytempel vorgenommen. Wir begannen im Lion, in dem die Charts rauf und runter gespielt wurden. Gegen ein Uhr nachts wechselten wir dann in Groundhouse, einer Disco, die in die unterste Etage einer Tiefgarage gebaut war. Hier traf ich dann auch auf erste Leute der Gothicszene. Die Musik traf jedoch überhaupt nicht meinen Geschmack und erst, als ich gegen drei Uhr hier abbrechen wollte, kam jemand auf mich zu.
„Na, zu langweilig?“
„Etwas.“
„Du kommst nicht von hier?“
„Ich bin aus Deutschland nach Australien gekommen, um Spaß zu haben.“
„Angesagt ist im Moment nur das dea noctem. Allerdings kommst du da nur mit einer Einladung hin und rein.“
„OK.“
„Geh mal ins Prime. Ist zwar nicht Szene, aber da weiß ich, dass sie Karten vergeben.“
Besser etwas Hilfe als gar keine. Ich gab ihm noch einen kleinen Kuss auf die Wange und etwas später waren wir in der Disco, die er uns angegeben hatte. Ich musste meinen Männern wirklich schon anweisen, dass sie sich von mir fernhielten. Immerhin wollte ich eine Chance haben.
Es dauerte dann auch nicht lange, bis sich ein Mann zu mir setzte. Er hatte ein Tattoo am Hals. „BITE HERE“ Direkt auf seiner Halsschlagader.
„Möchtest du?“, fragte er und legte seinen Hals an die Seite. Wenn ich jetzt Nein sagen würde, wäre ich vermutlich um eine Erfahrung ärmer. Ich legte seinen Kopf noch etwas stärker an die Seite und leckte von der Schulter langsam hoch.
„Du schmeckst süß. Aber der Hals ist so endgültig.“
„Da hast du recht. Sei morgen um 21 Uhr hier.“
„Was passiert dann?“
Er sagte nichts mehr, sondern legte mir eine Karte in die Hand. Schwarz, mit goldener Schrift.
„dea noctem“
Auf der Rückseite stand dann nur noch:
„Für ein Partyerlebnis, das du nie wieder vergessen wirst.“
Als ich wieder aufblickte, war er weg. Die Nacht war zu Ende und ich fertig ohne Ende.
Erst gegen Mittag wurde ich wieder wach. Aber was hatte ich da eigentlich in der Nacht erlebt? Wollte der wirklich, dass ich ihn beiße? Über Stunden redete ich danach mit den Leuten der Polizei. Schließlich entschieden wir uns für einen Tracker, den ich in meine Hanteln einarbeiten konnte. Das würde sogar zu dem Abend passen. Meine Hanteln hatten jetzt, anstatt der silbernen Kugeln, schwarze Totenköpfe von denen auf jeder Seite eine ein GPS Signal absendete. Gleichzeitig verabredeten wir, dass ich mich jede Stunde mindestens einmal meldete.
Es war dann bereits 19 Uhr, als ich anfing, mich umzuziehen. Keiner der Männer machte Anstalten, das Zimmer zu verlassen.
„Ihr wollt mich also nackt sehen? Gut.“
Mero wollte erst protestieren, doch bevor er auch nur ein Wort heraus bekam, lag mein Shirt auf dem Boden, gefolgt von meinem Rock. Stella reichte mir einen BH, der diesen Namen eigentlich nicht verdiente. Schwarze Spitze und Nylon, das viel zeigte und wenig verbarg. Danach reichte sie mir ein Paar halterlose Netzstrümpfe. Es war ein Paar aus dem Stripclub und passte mir wie angegossen.
Das war der Moment, wo ich einmal in die Runde blickte. Mero hatte ziemlich deutlich eine dicke Beule in seiner Hose. Aber Anajari und Andre waren da keinen Deut besser. Nur die beiden drehten sich um, als sie meine Blicke bemerkten.
Stella und Eli begannen wieder mein Tattoo zu überschminken und, als auch das geschafft war, schlüpfte ich in das Kleid hinein. Doch schon beim ersten Blick in den Spiegel sah ich, dass mein String fast durchgehend sichtbar sein würde. Da könnte ich auch gleich ohne gehen und genau das machte ich dann auch.
„Pia. So kannst du nicht raus gehen.“
„Mero. Bei allem, was ich bisher erlebt habe. Auch das Negative. Wenn ich so“, und dabei hob ich absichtlich mein Kleid etwas an, so dass er meine blanke Scham sehen konnte, „schneller an Jac herankomme, dann werde ich das einsetzen.“
Die Tür flog auf und Tianna stand in der Tür.
„Jac … Pia …. wie?“
„Hubschrauber“, sagte Mero leise. „Ihr kennt euch woher?“
„Was macht der Gamler hier?“
„Tianna. Er ist mein Freund.“
„Der?“
Es dauerte einige Minuten, in denen dann auch noch Dari zu uns kam. Sie hatte eine kleine Flasche bei sich.
„Trink.“
„Was ist das?“
„Es wird für heute verhindern, das Du bei Drogen high wirst. Allerdings ist die enthemmende Wirkung verstärkt.“
„Dann will ich es nicht.“
Mich sahen jetzt so viele Menschen an.
„Ich brauche nichts, um guten Sex zu haben. Den habe ich eigentlich immer.“
„Dann wirst Du das hier nehmen.“
Tianna reichte mir eine kleine Flasche mit grünem Inhalt.
„Von meinem Vater. Er hat es mir mitgegeben und mir gesagt, ich solle es dir geben. Ich verstehe nur nicht, woher er wissen konnte, dass Du vor mir hier bist.“
„Traumzeit“, sagte Anajari und wir waren uns einig, das er wohl recht hatte. „Der Trank der Kröte wird dir deine Süchte nehmen und dich vor neuen bewahren.“
Es war dann etwas vor 21 Uhr als ich am Prime stand. Dann fuhr ein Bus vor. Ich sah einige Gothics die Karten wedelnd in den Bus stürmten. Aber es bildete sich ein Stau und ich war dann eigentlich die Letzte, die in den Bus hinein stieg. Der Fahrer hatte insgesamt zwanzig Personen eingesammelt, die er, jeden einzeln, in bereitstehende Särge im Bus steigen ließ. Ein Sarg war noch offen und hinter mir war niemand mehr.
„Meiner?“, fragte ich, doch ich bekam keine Antwort. Stattdessen kniete er sich vor mich hin, hob leicht meinen rechten High Heel an leckte über das schwarze Leder und mein bestrumpftes Bein.
Genau deswegen wollte ich diesen Trank von Dari nicht. Mir lief es sofort heiß und kalt den Rücken herunter. Scheiße machte mich das geil.
„Die Herrin darf gerne in der ersten Reihe sitzen.“
Hatte der jetzt allen Ernstes Herrin zu mir gesagt? Ich hatte nicht einmal Leder an, dass ich ihm einen Grund geben würde, mich als Domina anzusehen. Doch so nahm ich das natürlich gerne an.
Wir fuhren eine ganze Weile, hinaus aus Brisbane, bis in die Sümpfe nördlich der Stadt. Ich erkannte die Gegend. Hier irgendwo musste der Wohnwagen stehen, in dem dieses Ehepaar lebte. Ach egal. Waren meine Gedanken. Doch viel weiter fuhren wir nicht. Eine Landzunge weiter stoppte der Bus. Aber hier war nichts. Nichts außer.
Von der Spitze der Landzunge war ein Licht zu sehen. Aber es war nicht das Leuchtfeuer eines Leuchtturmes. Das waren Blitzer, Blitzer wie in einem Club.
Ich setzte mich auf den Fahrersitz, während dieser die Partygäste aus den Särgen entließ. Er zeigte nur stumm auf die Spitze der Landzunge.
„Die Herrin sollte auch gehen. Ich mache diese Tour noch ein Paar mal. Dort drüben, über die Brücke ist das Ziel eurer Begierde.“
„Danke“, sagte ich und ging dann auf meinen hohen Schuhen in die angegebene Richtung.
Das Ende des Festlandes ging über in eine Brücke. Besser gesagt ein Doppelsteg, von dem nur einer ein Geländer hatte und auf dem vielleicht zwei Personen nebeneinander herlaufen konnten. Auf den ersten Blick im leichten Nebel machte es den Anschein, dass dieser Steg im Nichts endete. Doch bereist nach den ersten Schritten tauchte am Himmel, begünstigt durch den Nebel, ein rotes Ankh auf. Ein Kreuz mit einer Schleife.
Sollte ich jetzt sagen, dass ich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend hatte? Ich denke, das erübrigt sich. Wenige Meter weiter wieder auf festem Grund stand ich vor einer massiven Holztür. Auch hier waren zwei dieser Symbole eingearbeitet, wobei ich bei dem, dass die Schlaufe nach unten trug, sofort an das Teufelszeichen dachte. Das umgedrehte Kreuz.
Eine Klingel gab es hier nicht. Vielmehr gab es mittig in der Tür einen Türklopfer, der die Form eines Schädels hatte. Aus meinem mulmigen Gefühl wurde langsam eine innere Panik und in mir machte sich ein leichter Fluchtinstinkt breit. Ich musste mich schon zwingen, den Türklopfer zu schlagen.
Der Bereich, in den ich hinein kam, sah es fast aus wie in einem der Diner, die man entlang der Fernstraßen fand. Eine eigentlich gemütliche gothische Atmosphäre, würden da keine weiß lackierten Särge für das Licht unter der Decke hängen. Nichts hier in diesem Raum war auch nur im Ansatz direkt beleuchtet, abgesehen von der Theke, an der das Essen ausgegeben wurde.
Was mir auch auffiel. Ich war komplett overdresst. Jeder hier trug Leder und Lack. Einige wenige der Mädchen hatten ihre kleinen Hintern sogar in hautengen Latex gezwängt. Alleine bei dem Gedanken daran lief mir der Schweiß. So aber sah ich aus wie die Königin und die anderen waren meine Untertanen.
Zumindest kam mir das so vor. Ständig schwebte einer dieser Möchtegernvamps um mich herum.
„Darf ich der Herrin etwas zu Trinken holen? Eine Bloody Mary vielleicht?“
„Darf es lieber ein Teller Scampi sein, oder doch lieber nur ein Sandwich?“
Ja, ich ließ mich hier oben bedienen und es war bereits Mitternacht, als ich mir einen der Jungs hier schnappte.
„Kann man hier auch tanzen?“
„Aber natürlich Herrin. Darf ich sie führen.“
Ich. Ausgerechnet ich, die selber den Schmerz und die Unterdrückung liebte, wurde hier mit Herrin angesprochen. Wenn ich hier nicht Jac finden müsste? Ich würde unter Garantie jemanden finden der mir liebend gerne meine eh schon heiße Pussy auslecken würde.
Über einen vergitterten Aufzug, der am Rand des Raumes in die Außenmauer einelassen war, fuhren wir eine Etage tiefer. Bereits als sich der Aufzug in Bewegung setzte, hörte ich die Bässe und das Partygeschrei.
Unten angekommen wollte ich eigentlich gleich wieder nach oben. Das was oben als Diner und Chilzone angedacht war, endete hier in einer schwarzen Hölle. Direktes Licht? Nur an den beiden Bars! Ansonsten? Schwarzlicht und weil das alleine nicht ausreichend war, diverse LED Spots in Rot und Grün. Eine permanente Lasershow lag über unseren Köpfen und die Musik war wirklich tanzbar.
Ich tanzte mich durch die Reihen. Verdammt, hier waren vielleicht 200 Partygäste. Eher weniger. Irgendwo musste doch Jac sein. Dann hatte ich eine Hand an meinen Schamlippen und ein Finger drang sanft in mich ein. Tianna stand direkt vor mir.
„Die wirst du brauchen“, sagte sie zu mir und legte mit ihrer freien Hand Fangs in die Hand. Vampirzähne! Das Gefühl war weg. Tianna war wieder weg. Aber ich war mir sicher, dass sie in der Nähe war.
Eigentlich war es Zeit, eine Nachricht zu versenden, doch ich musste feststellen, dass ich hier keinen Empfang mehr hatte. Auch das GPS würde dann hier versagen. Sie hatten also Tianna geschickt und ich vermutete noch mindestens zwei oder drei Weitere, die hier waren.
Eine ganze Weile später traf ich auf den Mann, der mir die Karte gegeben hatte. Er tanzte, augenscheinlich komplett zugedröhnt, auf der Tanzfläche.
„Ah, meine Göttin ist da.“
Ich grinste und offenbarte die Fangs, die mir Tianna gegeben hatte.
„Kann man hier auch richtigen Spaß haben.“
Wenn das hier durch sein würde, würde ich vermutlich eine Therapie brauchen. Ich tanzte hier ausgelassen auf der Tanzfläche, auf der irgendwie jeder voll auf irgendeiner Droge war und fragte nach Spaß. Nur fragte ich mich, wo es mich hinführen würde.
„Darf ich euch leiten?“
Nickend reichte ich ihm meine Hand und dann führte er mich zu einer kleinen Wendeltreppe hin.
„Ihr müsst dort herunter gehen, Herrin.“
Wieder nickte ich, atmete noch mal tief durch und ging dann langsam die Treppe herunter. Die Treppe war grün beleuchtet, so das jeder der unten war, sofort wusste, wer herunterkam.
Die Treppe endete in einem Vorraum, in dem zwei Herren in weiten Roben standen und eine Tür bewachten. Einer hielt mir seine Hand entgegen. Ich fragte mich, was das sollte und gab ihm die meine. Schnell drehte er sie und stach mir mit einer Nadel in den Finger. Der andere führte einige Messstreifen an den sich bildenden Tropfen und nickte dann nach wenigen Augenblicken. Beide öffneten vor mir die Flügeltüren.
Der Raum wurde dominiert von einer runden Theke in der Mitte und von unzähligen kleinen Separees und einem sehr großen auf der anderen Seite. An der Theke ereilte mich der erste innere Schock. Inmitten der Theke war Nancy, mit Ledercuffs wie auf einem Kreuz gefesselt. Aus einer Beinvene ragte ein Schlauch heraus, der in einem Auslass endete.
„Kann man von ihr probieren oder hat man anschließend den Tod persönlich gekostet.“
„Nein, sie ist absolut gesund.“
„Ich sehe viele Nadelstiche an ihren Armen. Heroin?“
„Ja, aber das haben wir herausgewaschen, Laburu.“
Der Mann machte eine Bewegung, die aussah, als wollte er sich verneigen, doch ich konnte das so gerade verhindern. Meine Augen können auch böse gucken.
Mero hatte mir ja gesagt, das sie Zwillinge sind. Aber Lucilia, die in einem Überwurf auf mich zukam, war ein absoluter Vamp. Ihr Aussehen, gepaart mit ihrer Größe. Der Wahnsinn.
„Konkurrenz?“, fragte sie mich.
„Nein. Ich bin nur hier, um Spaß zu haben.“
„Da habe ich etwas für Dich“, sagte sie mir und winkte der Barfrau. Die hatte eine Pipette in der Hand, um etwas in ein Glas zu tropfen.
„Für guten Sex brauche ich keine Droge.“
„Wie heißt Du?“
„Sarah Laburu, und Du?“
„Lucilia Gamler. Mir gehört alles in diesem Laden. Komm. Meine Spielwiese ist die Größte hier.“
Da lag sie. Jac. Weiß wie der Tod himself, gebettet auf einem schwarzen Samtstoff. Ihre Schulter, ihr Arm. Bissmale und getrocknetes Blut. Lucilia legte sich sofort neben einem Mann, der in ihrem Separee war.
„Du hättest ihr, wie bei der anderen einen Bypass legen sollen. Wäre einfacher.“
„Jac hat seit fast einer Woche nicht geschlafen. Sie ist meine Baumeisterin.“
Ich griff Jac´s Arm, um mich selbst auf sie zu ziehen. Sofort legte ich meine Lippen auf ihre und küsste sie. Innig, die Zungen ineinander spielend. Wenig später saß ich auf Jac, als würde ich sie reiten. Ich rieb mich an ihrer Zunge und entledigte mich meines BH´s. Das war aber dann auch der Moment, an dem Lucilia zu uns kam. Sofort hatte ich ihre Hände an meinen Brüsten und ihre Zunge in meinem Hals.
Gott konnte diese Frau küssen. Wäre meine Sorge um Jac nicht so groß, ich hätte hier verloren. Ich würde schneller an dem Platz von Jac liegen, als es mir lieb war. Dann war es Lucilia die unsere Position, unsere Stellung veränderte. Sie ließ sich von Jac lecken und ich leckte Jac. Genau so, wie ich es getan hatte, als ich sie das erste mal an mich gelassen hatte. Das ich plötzlich einen Schwanz in mir hatte, musste ich wohl hinnehmen. Dass diese Runde damit aber auch beendet war, leider auch.
„Mero, was tust Du hier?“, fragte Lucilia.
„Dich vor Dir selbst beschützen“, sagte er hinter mir.
Nur Sekunden später war das Licht an. Jac lag leblos auf dem Samtlaken und wenn Mero mich nicht aufgehalten hätte, ich hätte Lucilia vermutlich umgebracht.
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