Späte Erleuchtung - Vorwort
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Späte Erleuchtung – Vorwort

VORWORT – BEVOR ES LOSGEHT

Alles, was ihr nun hier lesen werdet, ist bis auf ein paar Ausnahmen wirklich so passiert – es ist die etwas andere Story eines späten Coming Out mit 45 Jahren – meines Coming Out. Lediglich die Namen und Orte wurden von mir teilweise geändert; aber eigentlich spielt es ja auch keine große Rolle, wo diese Geschichten sich abspielen oder wer beteiligt war – zumindest nicht für die Story an sich.
Es geht um den Inhalt – darum, dass man auch in einem Alter, in dem man schon damit begonnen hat, graue Haare zu bekommen, noch ans „andere Ufer“ wechseln kann und sollte, wenn man spürt, dass das eigene Geschlecht einen mehr anzieht. Darum, dass man zu seiner Homosexualität steht, und sich nur selbst das größte Leid antut, wenn man versucht, es vor der Familie, den Freunden und der Welt zu verheimlichen. Es geht aber auch um die schönen und schlechten Momente, die Sorgen und Nöte und die Zeiten des absoluten Hochgefühls in den einzelnen Lebensphasen; beginnend mit den ersten „Erlebnissen“ in der Pubertät, über die Hochs und Tiefs in den vielen Jahren der Unsicherheit, bis zur seelischen Befreiung, als es endlich raus war.
Und es geht vor Allem um mich und darum, dass ich endlich glücklich sein kann, so wie ich bin! Denn eigentlich wusste (oder ahnte) ich es ja schon lange – wollte es aber nie so recht wahr haben. Lange 30 Jahre hat es gedauert, bis ich mir jetzt endlich meiner Gefühle klar wurde.
Vielleicht ist das, was ihr zu lesen bekommt, stilistisch nicht immer so ganz einwandfrei, aber mir persönlich hat es sehr gut getan, meine persönliche Geschichte einfach mal niederzuschreiben – und ich würde mich freuen, wenn meine doch recht intim gehaltene und teilweise sehr ins Detail gehende Coming Out – Story dem Einen oder Anderen gefällt oder er sich sogar darin wieder findet.
Es sind nur einzelne, aber herausragende Stationen meines Lebens, die ich hier beschreibe; von den ersten sexuellen Abenteuern mit dem eigenen Geschlecht bis heute. Viele Wochen habe ich nun, 5 Jahre nach meinem Outing, damit verbracht, die Erinnerungen wieder aufleben zu lassen und mir die Finger wund zu schreiben; immer wieder habe ich Passagen verändert und hinzugefügt, und immer neue Gedanken und Bruchstücke meiner Erlebnisse mit dem eigenen Geschlecht stiegen in mir auf. Heute kommt es mir beinahe vor wie eine zweite schwule Geburt, und ich muss mir selbst eingestehen, dass es mir verdammt gut getan hat.
Schon viele haben vor mir ihre Coming Out- Story niedergeschrieben, und es werden hoffentlich noch sehr viele folgen. Allen, die noch zweifeln oder die kurz vor ihrem eigenen Outing stehen, kann ich nur empfehlen, sich an den Rechner oder an ihren Schreibtisch zu setzen, und mit dem Schreiben zu beginnen. Es befreit!
Nachdem es nun alle wissen und ich selbst nach langer Zeit und vielen Zweifeln endlich frei damit umgehen kann, geht es mir erst richtig gut. Heute lebe ich offen schwul, unterziehe mich zweimal im Jahr einem HIV- Test, gehe gerne mal in der Szene aus, relaxe und cruise in der Sauna und lege mich nackt am Rheinufer in die Sonne oder gehe nackt wandern.
Endlich – nach über 30 Jahren schwankender Gefühle, kann ich nun sagen:
Ich bin schwul – und das ist auch gut so!

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