Jugendamt mit unangenehmer Überraschung
Am Montagmorgen war ich früh in meinem Büro und erledigte bis 9:00 Uhr die nötigsten Arbeiten, meldete mich bei Arno und wir fuhren zum Jugendamtstermin. Unterwegs berichtete ich Arno noch von Liams Gerichtsurteil und von der Sache mit Kurt und seinem Vater. Arno beschloss die Angelegenheit an seinen Rechtsbeistand weiter zu geben, damit sich dieser darum kümmert.
Im Jugendamt angekommen wurden wir von Herrn Sommer, dem Leiter des Amtes empfangen und zu einem Konferenzzimmer gebracht. Dort saß schon eine Frau im mittleren Alter mit einem Gesichtsausdruck der mir gar nicht gefiel. Herr Sommer stellte die Dame mit „Frau Müller-Bermer“ unsere Abteilungsleiterin für schwierige Fälle vor. Diese gab und widerwillig die Hand.
Wir stellten uns auch vor und ich informierte die beiden über meinen Werdegang und wie ich zum Internat gekommen war.
Herr Sommer war sehr zufrieden, nur die Frau verzog ihr Gesicht immer mehr und platzte plötzlich heraus „noch so ein schwuler Teufel, man sollte die ganze Brut in dem Haus vernichten.“
Herr Sommer schaute uns entsetzt an. Wir waren fassungslos.
„Das meinen sie doch nicht im Ernst? Frau Müller-Bermer“ brachte Herr Sommer ernst hervor.
„Doch, das ist mein voller Ernst und meine Meinung zu diesen sündigen Internat“ zischte sie.
Herr Sommer erhob sich und sagte mit wütender Stimme „Frau Müller-Bermer, sie sind mit sofortiger Wirkung suspendiert, packen Sie Ihre Sachen zusammen. Ich will Sie in diesem Haus nicht mehr sehen.“
Die Züge der Frau entgleisten und sie schrie zurück „das können Sie nicht machen, wovon soll ich leben?“
„Die Entscheidung ist von meiner Seite endgültig. Alles Weitere wird sich zeigen.“
Mit hasserfülltem Gesicht nahm Frau Müller-Bermer ihre Sachen und verschwand ohne Gruß, nicht ohne vorher noch die Drohung „das werden Sie alle noch bereuen“ auszustoßen.
„Entschuldigen Sie, diese Äußerungen von Frau Müller-Bermer. Ich habe nicht gewusst, dass sie solche Ansichten hat. Jemand anderes wird ihren Posten übernehmen und ich werde die übergeordneten Stellen über den Vorfall berichten. Dann soll die entscheiden, was mit der Frau geschehen soll.“
Wir verabschiedeten und von Herrn Sommer und stiegen bedrückt in Auto um zurück zu fahren. Unterwegs beruhigten wir uns etwas und Arno entschied „wir werden den versteckten unterirdischen Zugang reaktivieren, damit Schüler und Lehrer unser Haus unentdeckt verlassen und betreten können. Ich rechne mir Schwierigkeiten. Im näheren Bereich gibt es leider viele Schwulenfeindliche Elemente.“
„Ein versteckter Zugang? Fragte ich erstaunt.
„Ja so etwas haben wir. Der Tunnel ist schon seit ewigen Zeiten vorhanden, wurde aber nur notdürftig hergerichtet, da wir keine richtige Verwendung für ihn hatten. Er endet ca. 700 Meter vom Internat in einem Haus, von dem niemand weis, dass es zum Schloss gehört, bewohnt wird es von einem Ehepaar, dessen schwuler Junge sich mit 16 umgebracht hat, weil er von der Meute draußen fertig gemacht worden ist.“
Ich nahm mir vor, mir diesen Tunnel mal genauer anzusehen, während Arno mit dem Ehepaar telefonierte. Die waren für die Öffnung des Ganges und wollten umgehend damit beginnen von ihrer Seite alles zu tun, damit alles reibungslos läuft.
„So jetzt ist mir wohler“ meinte Arno nach dem Gespräch „der Haupteingang ist nach der Fertigstellung des Tunnels nur noch für auswärtige Gäste geöffnet.“
Als wir wieder im Internat waren rief Arno gleich eine Versammlung mit allen Schülern und Angestellten ein. Schnell war die große Aula gefüllt und gespannte Gesichter saßen im Saal.
Arno berichtete von dem Besuch im Jugendamt und die Konsequenzen die sich daraus ergaben. Die Lehrer stimmten den Anordnungen zu und die Schüler machten betretene Gesichter, Hubert der Hausmeister erbot sich mit einem Vertrauten bei der Polizei zu telefonieren und ihn zu informieren, aber nichts über den Tunnel zu erzählen.
Arno war damit einverstanden und löste die Versammlung auf. Die Schüler bekamen den Rest des Tages frei. Viele von ihnen erboten sich bei den Tunnelarbeiten zu helfen. Arno war damit sehr einverstanden.
In den nächsten Tagen kam viel Arbeit auf uns zu. Als ich den Tunnel besichtigte, stellte ich fest, dass außer kleinen Reparaturen und Reinigungsarbeit nicht allzu viel zu machen ist. Nach einer Woche waren alle Arbeiten erledigt und wir machten ein Probebegehen. Es klappte prima. Es wurde beschlossen, dass nicht mehr wie 2 Personen auf einmal gehen sollten, damit vor dem Haus keine Massen erscheinen.
Dann kehrte der Alltag ein. Es waren Abiturklausuren zu schreiben. Die auswärtigen Aufsichtslehrer bei diesen Klausuren waren begeistert von der Disziplin der Schüler bei den Arbeiten, sie mussten nicht einmal jemanden ermahnen, eine sagte zu mir „wenn das mal an allen Gymnasien so wäre hätten wir leichte Arbeit.“
Für die Lehrer und Helfer war in dieser Zeit planen angesagt. Nach den Ferien würden nach jetzigem Stand 15 neue Schüler kommen. Die mussten untergebracht und in Klassen eingeteilt werden. In dieser Zeit erhielt ich einen Anruf von meiner Cousine aus Zypern. Sie erzählte mir, dass Christos sein Abitur in der Tasche hat und in Deutschland Landwirtschaft studieren wollte. An eine Uni ganz in der Nähe und sie fragt, ob er evtl. im Internat wohnen könne und was das kosten würde. Dann kam sie zum eigentlichen Grund ihres Anrufs.
„Michael hat große Schwierigkeiten in der Schule. Irgendjemand hat herausgefunden, dass Michael schwul ist und es in der ganzen Schule verbreitet. Seitdem wird Michael gemobbt und angefeindet, er bekommt keinen Fuß mehr auf die Erde und ist total am Boden. Ist es vielleicht möglich, dass er zu Euch kommt?“
„Ich werde mich drum kümmern“ versprach ich.
Am nächsten Tag sc***derte Arno ich dieses Gespräch. Der war der Meinung, dass Christos, wenn er bei mir in der Wohnung unterschlüpfen könnte nur einen kleinen Essensbeitrag leisten müsse und beim Problem mit Michael sagte er nur „für solche Fälle sind wir da, wenn er will kann er kommen und hier sein Abitur machen.“
Am Abend rief ich meine Cousine an.
„Die beiden können kommen.“
„Moment sagte sie zu mir ich stelle das Telefon laut, die beiden stehen neben mir.“
Sie stellte das Telefon laut und ich wiederholte, dass sie kommen könnten. Im Hintergrund hörte ich lauten Jubel von den Beiden. Die waren total aus dem Häuschen.
„Die beiden brauchen warme Sachen für Deutschland und sollten spätestens am 20.08. bei mir sein. Am 28. Fängt der Unterricht für Michael an und Christos kann sich in der Zeit bis zum Studienbeginn akklimatisieren.“
Damit war das geregelt. Ich freute mich schon auf die beiden Jungs.
Manfred, Walter und ich hatten uns am Abend zusammengesetzt um bei ein paar guten Getränken ein wenig zu quatschen. Ich machte den Vorschlag, in den Herbstferien mit den Jungen die am schlimmsten betroffen sind einen neuen Urlaub auf Zypern zu starten. Durch Pavlos, den Mann meiner Cousine, hatte ich ein Angebot bekommen, das sich sehr gut anhörte.
Fortsetzung folgt
Wie immer, Anregungen und Kommentare sind erwünscht.
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