Das Schwimmbad war eigentlich gar kein richtiges Schwimmbad, sondern ein sogenanntes Lehrschwimmbecken. Es war kleiner, hatte keine Sprungbretter und wurde nur von Schulen, dem Sportverein und irgendeiner Krankenkasse genutzt, zum Beispiel für Wassergymnastik für Senioren. Da Sara nicht am Eingang vor allen Mitschülern sagen wollte, dass sie ihr Schwimmzeug nicht dabei hatte, ging sie zunächst in die Umkleide. Sie zog sich aber nur ihre Sandalen aus und ging dann sofort in die Schwimmhalle. Da Frau Nudova von der Doppelstunde davor schon umgezogen war, wartete sie dort auf die Klasse. Während ihre Mitschüler also noch in der Kabine waren, hatte Sara daher die Gelegenheit, die Lehrerin alleine zu sprechen. Frau Nudova war in Russland aufgewachsen und eine sehr gute Turnerin gewesen. Sie unterrichtete ausschließlich Sport und Schwimmen. Ihre sportliche Figur hatte sie sich erhalten, obwohl sie mittlerweile bestimmt um die 40 war. Das nötigte den Schülern großen Respekt ab, vor allem beim Schwimmen, wo sie meist ziemlich enge Badeanzüge trug und darin sehr gut aussah. Sie hatte sich allerdings auch ihre leistungssportliche Einstellung bewahrt und übertrug sie auf ihren Unterricht. Da wurde große Disziplin und Leistungsbereitschaft gefordert, und keiner traute sich, das in Frage zu stellen. Deshalb, und wegen Valentinas unterbrochener Andeutungen, hätte sich Sara was schöneres vorstellen können, als Frau Nudova anzusprechen.
„Guten Morgen, Frau Nudova. Ich habe leider mein Schwimmzeug vergessen. Kann ich mich auf die Bank setzen?“
„Guten Morgen, Sara. Bist Du krank oder hast Du nur das Schwimmzeug vergessen? Hast Du eine Entschuldigung Deiner Eltern?“
Frau Nudova klang trotz ihres russischen Akzents, den sie auch nach mehr als einem Jahrzehnt in Deutschland nicht abgelegt hatte, relativ freundlich.
„Nein. Ich habe nur mein Schwimmzeug nicht dabei. Soll ich Protokoll schreiben?“
„Wie, Du hast Dein Schwimmzeug nicht dabei. Du bist für die Vollständigkeit Deiner Sachen verantwortlich. Später im Beruf kannst Du auch nicht sagen ‚Ich habe was vergessen.'“
Frau Nudova klang zwar jetzt streng aber immer noch nicht unfreundlich. Sie war offensichtlich professioneller als Frau Lehmann, die sich ja immer persönlich angegriffen fühlte, wenn ein Schüler sich nicht so verhielt, wie sie das wollte.
„Darf ich mich jetzt auf die Bank setzen?“
„Natürlich nicht. Du bist nicht krank, also kannst Du auch mitmachen. In der Kiste da drüben liegen ein paar Schwimmsachen, die hier mal liegengeblieben sind. Such Dir was aus. Wie es aussieht, ist egal. Hauptsache, es passt.“
Auch wenn Frau Nudova neutral im Ton blieb, war das nicht die Antwort, die Sara hören wollte. Die russischstämmige Lehrerin war allerdings keine Person, mit der eine Diskussion lohnte. Deshalb trottete Sara missmutig zu der Kiste, auf die Frau Nudova gedeutet hatte. Sie wollte sich einen möglichst weitgeschnittenen Badeanzug aussuchen. Von Aussuchen konnte jedoch keine Rede sein. Es gab drei Kinderbadeanzüge, eine Kinderbadehose und zwei Boxershorts.
„Frau Nudova. In der Kiste ist kein Badeanzug der mir passt.“
Frau Nudova kam mit energischen Schritten näher, griff in die Kiste und nahm eine der Boxershorts raus.
„Die passt Dir mit Sicherheit. Ich bin zwar kein Fan von diesen bollerigen Hosen, weil sie schlecht für die Wasserlage sind, aber laut Schwimmerlass des Schulministeriums sind sie zulässig, also okay.“
„Äh, Frau Nudova, ich habe auch kein Oberteil.“
„Macht nichts. In dem Erlass steht, dass bei Schwimmunterricht in Lehrschwimmbecken, in denen kein öffentlicher Badeverkehr stattfindet, nur die primären Geschlechtsorgane nicht zu sehen sein dürfen. Mal davon abgesehen, dass das bei den meisten Frauen selbst ohne Hose nicht der Fall ist solange sie die Beine nicht spreizen, deckt diese Jungenhose viel mehr ab als die Bikinihose, die Du sonst immer trägst.“
„Frau Nudova, das können Sie nicht von mir verlangen. Bitte nicht!“
„Sara, ich bin zwar nur eine ungebildete Sportlehrerin, aber auch ich weiß, was hier läuft. Du hast gestern von Frau Lehmann das Hinterteil gepeitscht bekommen und möchtest deshalb heute nicht mitschwimmen. Das kann ich verstehen, darf es aber nicht akzeptieren. Wenn sich hier jeder seinen Pflichten entzieht, kommen wir nicht weiter.
Du hast zwei Optionen: entweder Du ziehst jetzt diese Boxershorts an und schwimmst mit, oder Du weigerst Dich. Dann wäre erneute körperliche Züchtigung die Folge. Da gestern Dein Hinterteil geschlagen wurde, wäre heute Dein Rücken dran. Zwölf Schläge mit einem Springseil. Da die auf die nackte Haut vorgesehen sind, kommt Dein Busen so oder so ins Freie.“
Sara errötete. Gestern war die Hölle gewesen. Dann ängstigte sie der Gedanke an die „zweite Halbzeit“ ihrer Reitgertenzüchtigung nächste Woche. Und die fiesen Sticheleien ihrer Mitschüler machten ihr zusätzlich zu schaffen. Jetzt auch noch mit nackten Brüsten schwimmen? Wie viel schlimmer kann das alles noch werden? Aber gegen Frau Nudova kam keiner an.
Während die ersten Schüler in die Schwimmhalle kamen, nahm Sara widerwillig die Hose und ging in die Umkleide. Ihre Mitschülerinnen waren fast alle schon in der Dusche, auch Vanessa, die wie immer einen besonders knappen Bikini trug. Sara zog sich schnell um. Sie hatte ja auch nicht viel auszuziehen. Wenigstens bedeckte die Boxershorts tatsächlich viel mehr als ihre normale Hose. Von den Striemen war nichts zu sehen. Aber abgesehen von der Hose war sie nackt. Sie wartete bis das letzte Mädchen in der Dusche fertig war, duschte selbst dann nur kurz, so dass zu sehen war, dass sie überhaupt geduscht hatte. Haare nass, Hose nass. Dann holte sie tief Luft und öffnete die Tür zur Schwimmhalle, in der ihre Klasse bereits auf der Bank saß und auf Frau Nudovas Anweisungen wartete.
Ende Teil 12
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