Es war an einem Montag früh um kurz nach sechs Uhr morgens. Normalerweise mußte Janina Waldner erst um halb sieben aufstehen, um noch in aller Ruhe zur Arbeit ins Architekturbüro Schlösser fahren zu können. Heute war sie schon um fünf aufgewacht und konnte vor lauter Nervosität nicht mehr einschlafen.
Also war sie ins Bad gegangen, hatte geduscht und sich die Zähne geputzt. Jetzt stand sie nackt vor dem Spiegel in ihrem Schlafzimmer. Mit dem Anblick war sie nach einer kritischen Musterung durchaus zufrieden; sie war 1,73m groß und 64kg schwer – nicht zu viel und nicht zu wenig, wie sie fand. Die Haare waren dunkelbraun, gut schulterlang und leicht gelockt, während sie vom Hals abwärts gründlich und dauerhaft epiliert war.
Insgesamt war Janina keine ausgesprochene Schönheit, sah aber definitiv besser aus als die meisten anderen Frauen mit 32 Jahren. Ihr Blick glitt vom Spiegel zu den beiden Stühlen in ihrem Schlafzimmer und den darauf zurechtgelegten Kleidungsstücken. Auf dem linken Stuhl lag ein typisches Büro-Outfit, wie man es an einer erfolgreichen jungen Architektin erwarten würde. Hochwertige Baumwollunterwäsche mit dezenter Spitze, Strumpfhose und eine helle Bluse warteten zusammen mit einem dunkelblauen Kostüm darauf, angezogen zu werden.
Auf dem rechten Stuhl lagen ein ähnliches Kostüm in schwarz und eine weitere Bluse bereit, wobei das schwarze Kostüm sich kaum von dem blauen unterschied. Janina trug im Büro eigentlich nie Kleider oder Hosen und besaß mehr als zehn verschiedene Kostüme, die irgendwie alle gleich aussahen; zumindest behauptete das ihr Freund. Nach oben hin waren die beiden Kleiderstapel allerdings durchaus nicht austauschbar. Auf dem schwarzen Kostüm lagen ein Unterbrustkorsett aus schwarzem Satin sowie Slip, BH und Strümpfe bereit. Die Wäsche war aus feinem schwarzem Latex und schon gebrauchsfertig gepudert, während die Strümpfe aus transparentem Latex bestanden und mit Silikonöl behandelt waren.
Janina setzte sich wieder auf ihr Bett und las ungefähr zum hundertsten Mal den Brief, mit dem am Samstag schon vor dem Frühstück völlig überraschend ihre ganz persönliche Katastrophe begonnen hatte. Der Brief fing mit den Worten „Liebste Janina“ an und endete mit „Dein Markus“, und soweit war auch alles in Ordnung. Die drei Seiten dazwischen waren allerdings ganz und gar nicht in Ordnung und würden – da war sie sich inzwischen sicher – ihr bisheriges Leben auf den Kopf stellen.
Rückblick – Wochenende
Eigentlich war schon der letzte Freitag nicht so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte, aber sie hatte den winzigen Streit mit Dr. Markus Gutenberg, ihrem Freund und „Herrn“, nicht weiter ernst genommen. Markus hatte wie üblich Wünsche in Bezug auf ihre Kleidung für die Party am Abend geäußert, die sie wie schon so oft etwas frei interpretiert hatte.
So waren aus den transparenten Latexstrümpfen mit schwarzer Naht bezaubernde Halterlose geworden, und das Korsett hatte sie durch einen elastischen Body ersetzt. Janina hatte nun wirklich nichts gegen schöne Kleidung und trug eigentlich ganz gerne Latexkleidung und Korsetts, aber selbstverständlich nur zu Hause – was sollten sonst wohl die Nachbarn, Freunde oder Kollegen von ihr denken?
Da half es auch nichts, daß sie Markus in den drei Jahren, die ihre DS-Beziehung inzwischen bestand, immer wieder versprochen hatte, sich zu einer gehorsameren Sub weiter zu entwickeln, zu ihrer Sub-Rolle zu stehen, all seine Wünsche zu erfüllen und ihm einfach zu vertrauen. Wenn es darauf ankam, hatte sie sich eher von ihren Sorgen und Hemmungen leiten lassen als von Markus, und sie war sich sicher gewesen, daß er das verstand und akzeptierte. Ein kurzer Tadel, eine spitze Bemerkung, im schlimmsten Fall ein paar Schläge mit der Gerte oder dem Rohrstock, die sie eher erregend als unangenehm fand, und schon war alles wieder gut. Wenigstens hatte sie sich das jedes Mal aufs neue eingeredet, auch wenn sie die Enttäuschung in seinen Augen in den letzten Monaten nur mit Mühe übersehen konnte.
Auch am Freitag hatte es keine laute Szene gegeben. Sie hatten sich um 21:00 auf der Party getroffen. „Ich bin sicher, daß ich Dich aufgefordert hatte, ein Korsett und Latexstrümpfe zu tragen“ waren seine Begrüßungsworte gewesen. „Du weißt, daß ich so nicht in die Öffentlichkeit gehe“, hatte als Antwort offensichtlich gereicht; danach war Ruhe.
Markus hatte ihr dann gegen 23:00 Uhr gesagt, daß er sich auf der Party nicht wohl fühle und er außerdem am nächsten Morgen früh aufstehen müsse, um einige dringende Sachen zu erledigen; der von ihr erwartete und erhoffte „Spielabend“ würde also warten müssen. Gemeinsam waren sie zu ihr nach Hause gefahren, wo er sich an der Tür verabschiedete. Sie dachte kurz daran, daß er sie schon mehrmals gebeten hatte, ihre Wohnung aufzugeben und in sein großes Haus zu ziehen.
Einerseits wollte sie gerne mit ihrem „Herrn“ zusammen wohnen und ihm jederzeit als gehorsame Sklavin zur Verfügung stehen. Andererseits war sie stolz auf die schöne Wohnung, die sie sich als Architektin selbst erarbeitet hatte, und letztlich bedeutete eine eigene Wohnung ja auch ein Stück Freiheit, die sie im Moment nicht aufgeben wollte. Schade, daß Markus deshalb manchmal nicht da war, wenn sie ihn lieber bei sich gehabt hätte, aber man konnte schließlich nicht alles haben.
Also hatte sie es sich bei sanfter Musik und einem Glas trockenen Rotweins auf dem Sofa bequem gemacht und sich ausgemalt, was er wohl am nächsten gemeinsamen Abend mit ihr anstellen würde. Sie komplett in Latex einkleiden? Bestimmt; ihr Kleiderschrank war gut gefüllt, und er hätte es am liebsten, wenn sie immer und überall Latex tragen würde. Fesseln würde er sie vermutlich in irgendeiner Weise auch, und danach erwartete sie bestimmt ein kreatives Unterhaltungsprogramm aus subtilen Demütigungen und leichten Schmerzen, unterbrochen von Streicheleinheiten oder Kitzelattacken. Am Ende würden hoffentlich ein oder mehrere Orgasmen stehen, worauf sie schon wieder einige Tage mit wachsender Ungeduld wartete.
Auch wenn es ihr selbst nicht bewußt war, so setzte sie doch von allen seinen Bitten und Anweisungen nur eine einzige konsequent um, und das war die Bitte, auf Selbstbefriedigung zu verzichten. Um die Geilheit nicht allzugroß werden zu lassen, hatte sie nach einer knappen Stunde mit der erregenden Träumerei aufgehört. Nach einer kalten Dusche zum Abkühlen hatte sie noch die Spätnachrichten geguckt und war dann zu Bett gegangen. Trotz des eher frustrierenden Abends und einem Anflug von schlechtem Gewissen wegen der Mißachtung des Kleidungswunsches ihres Freundes war sie sofort eingeschlafen.
Nach dem Aufstehen hatte sie vor dem Frühstück nur schnell die Zeitung aus dem Briefkasten holen wollen und dabei den Umschlag mit dem Brief gefunden. Aufgeregt hatte sie den Brief geöffnet – Markus schrieb ihr nur ganz selten, und dann hatte es sich immer um eine überraschende Idee oder eine spontane Einladung zu einer besonderen Veranstaltung gehandelt.
Überraschend war der Inhalt des Briefes auch dieses mal gewesen, allerdings auf eine Art und Weise, die ihr auf einen Schlag den Appetit auf Frühstück völlig verdorben hatte. Die wichtigsten Passagen waren unmißverständlich, und daran hatte sich von Freitag bis Montag früh nichts geändert, egal wie oft sie den Brief gelesen hatte. Kurz zusammengefaßt stellte Markus sie vor die Wahl, entweder alle seine Anweisungen in Bezug auf Kleidung und Verhalten von Montag bis Freitag (und darüber hinaus) eins zu eins umzusetzen und sich dabei Schritt für Schritt gegenüber Nachbarn, Kollegen, Freunden und Familie zu outen – oder er würde sich sofort und endgültig von ihr trennen. Sie mußte sich also entscheiden, und nachdem sie die Anweisungen für den Montag gelesen hatte – die für die folgenden Tage würde sie später erhalten, wenn sie am Montag gehorchte – war die Antwort völlig klar: Niemals! Sie würde ihn zur Rede stellen und ihm klar machen, daß eine Beziehung auf dieser Basis nicht möglich war. Sub hin oder her, es gab Grenzen, die beim besten Willen unüberwindlich waren, und das mußte doch auch der dümmste Dom früher oder später einsehen.
Außerdem – was bildete er sich eigentlich ein? Sie würde sich bestimmt nicht erpressen lassen, und eine Trennung war sowieso abwegig. Schließlich liebte sie Markus, genau wie Markus sie liebte, was er in dem verdammten Brief auch mehrfach betont hatte. Also hatte sie sich einige Minuten Zeit gelassen, um das Chaos aus Überraschung, Wut, Angst und Unsicherheit in ihrem Kopf zu sortieren und hatte dann zum Telefon gegriffen.
Dabei hatte sie die zweite unangenehme Überraschung des Samstags erlebt. „Ich mußte kurzfristig für einige Tage verreisen und bin bis zum nächsten Samstag nicht erreichbar. In dringenden Fällen wenden Sie sich bitte an meine Sekretärin, bla, bla, bla…“ war die gleichlautende Nachricht, die sie sich unter seiner Privatnummer, seiner Handynummer und sogar unter der Nummer seines Büros vom Band anhören mußte.
Nach einer kurzen Bedenkzeit hatte sie sich dann entschlossen, bei der Sekretärin von Markus anzurufen – Wochenende hin oder her. „Barbara Stahl“ hatte sich die angenehme Stimme einer Frau gemeldet, die nicht annähernd so hart war, wie es der Name suggerierte. Frau Stahl wußte zwar nicht genau, was zwischen Dr. Gutenberg und seiner Freundin vorgefallen war, aber ihr Chef hatte sie auf einen möglichen Anruf am Wochenende vorbereitet und sie gebeten, ruhig und freundlich zu reagieren, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit Frau Waldners Anruf kommen würde.
Also teilte sie Frau Waldner mit, daß Herr Dr. Gutenberg sich aufgrund privater Verpflichtungen die gesamte nächste Woche frei genommen habe. Noch nicht einmal für Notfälle verfüge sie über eine Kontaktadresse, und sein Handy habe Dr. Gutenberg einfach auf seinem Schreibtisch in der Firma liegen gelassen. Insgesamt sehr ungewöhnlich – darin waren sich die beiden Frauen schnell einig. In den fünf Jahren, die Frau Stahl nun schon für Dr. Gutenberg arbeitete, war er noch nie länger als einen halben Tag nicht erreichbar gewesen.
Janina hatte zunächst den Eindruck gehabt, Frau Stahl wolle sie einfach nur abwimmeln. Nach einer viertel Stunde hatte sie dann allerdings doch eingesehen, daß Frau Stahl schlicht genauso wenig wußte wie sie selbst, wahrscheinlich sogar noch weniger, denn Janina war so langsam klar geworden, daß Markus wahrscheinlich ihretwegen verschwunden war. Sie hatte das Gespräch beendete, wobei sie sich bei Frau Stahl für die Störung am Wochenende entschuldigte, und sich in ihren bequemsten Sessel fallen gelassen. Der Schuft hatte ihr offensichtlich alle Möglichkeiten genommen, das Problem auf die tausendfach bewährte, angeblich typisch weibliche Art anzugehen und eine so oder so fatale Entscheidung zu umgehen. Kein „Wir müssen dringend darüber reden“, kein „Ausdiskutieren“, keine Vorwürfe, keine Tränen und noch nicht einmal die Chance, ihn durch den besten Blow Job seines Lebens umzustimmen.
Janina hatte den Eindruck, ihr Kopf sei völlig leer, ein Gefühl, das sie nur ganz selten hatte. Da auch die zwei oder drei oder vier Stückchen Schokolade keine echte Hilfe gewesen waren, hatte sie sich in ihr Auto geschwungen und war zum Shoppen nach Köln gefahren. Nach nur drei Stunden hatte sie die Stadt wieder verlassen, den Kofferraum gut gefüllt mit einem weiteren dunkelblauen Kostüm (298 €, ein echtes Schnäppchen), entzückenden Riemchensandalen mit 12 cm Absatz (179 € – egal), einem Strafzettel wegen Parkens im absoluten Halteverbot und einigen unbedeutenden Kleinigkeiten im Gesamtwert von weiteren 150 €.
Janina hatte sich nach diesem erfolgreichen Vormittag deutlich besser gefühlt – so gut, daß sie den Brief von Markus mehrmals in Ruhe gelesen hatte, um jede Kleinigkeit zu analysieren und eine akzeptable Lösung für ihr Problem zu finden. Eines war ihr nämlich im Laufe des Vormittags völlig klar geworden: Sie gehörte zu Markus und konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, den Rest ihres Lebens ohne ihn zu verbringen. So sehr sie sich beim ersten Lesen auch über seine maßlosen Forderungen geärgert hatte – seine Analyse der gemeinsamen Beziehung und ihrer Persönlichkeit war geradezu erschreckend genau, wie Janina inzwischen zugeben mußte.
„Wenn Du Latex abstoßend finden würdest, im Korsett Schmerzen hättest oder Dir auf High Heels beinahe die Füße brechen würdest – als Dein Freund und Herr würde ich es Dir verbieten, irgend etwas davon zu tragen. Zu meiner großen Freude gefallen Dir aber alle diese schönen Sachen eigentlich genauso gut wie mir.“
Janina hatte wider Willen zustimmend genickt; keine Einwände, Euer Ehren. Auch seine Einschätzung, Janinas Persönlichkeit sei im Prinzip die einer perfekten Sub – „glücklich, wenn Du neben mir kniest, einsichtig und dankbar, wenn ich Dich bestrafen muß, aber dabei nicht nur devot, sondern gleichzeitig stolz, stark und frei“ – hatte sie als großes Kompliment aufgefaßt. Sie war glücklich, daß Markus sie anscheinend so sah, wie sie schon immer sein wollte. Bitter war allerdings der Abschnitt weiter unten:
„Mit einer Sache komme ich einfach nicht klar, und das ist Deine scheinbar unüberwindliche Angst, Dich allen anderen Menschen genauso zu zeigen, wie Du bist und wie ich Dich kenne. Ich habe lange versucht, das zu verstehen, aber letztlich empfinde ich Dein und damit auch unser öffentliches Leben immer mehr als selbstverleugnend, feige und unaufrichtig, und so kann und werde ich nicht weitermachen.“
Einige Zeilen später hatte er dann einen großen fetten Köder ausgeworfen:
„Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen, als den Rest meines Lebens an Deiner Seite zu verbringen. In meinen Träumen sehe ich Dich streng geschnürt in einem langen Hochzeitskleid aus strahlend weißem Latex, und Du siehst so schön und glücklich aus wie noch nie.“
Einen Heiratsantrag hatte Janina im ersten gemeinsamen Jahr von Markus erwartet; inzwischen hatte sie die Hoffnung darauf schon lange aufgegeben. Jetzt lag der Antrag schwarz auf weiß vor ihr auf dem Tisch, und Janina hatte spontan gedacht: „Natürlich will ich Dich heiraten, du Monster, aber doch nicht in einem Latexkleid! Korsett gerne, Latexwäsche meinetwegen auch, solange es keiner sieht, aber bitte nicht das Kleid!“ Der Schluß des Briefes hatte seinen Standpunkt unmißverständlich und kompromißlos zusammengefaßt:
„Wenn ich es nicht geschafft habe, Dein Vertrauen zu verdienen, gibt es keine gemeinsame Zukunft für uns; in diesem Fall bitte ich Dich nur, die letzten Jahre in guter Erinnerung zu behalten und mir nicht allzu böse zu sein. Wenn Du mir aber vertraust und jetzt einfach in eine unbekannte Zukunft als öffentliche Sub, Korsett- und Latexträgerin springest, dann werde ich Dich auffangen. Egal, was nach der nächsten Woche passieren wird – ich verspreche Dir, alles zu tun, damit Du mit mir glücklich wirst.“
Janina hatte den Rest des Samstags und den Sonntag alleine und mehr oder weniger untätig verbracht. Ihre beiden besten Freundinnen oder ihre Mutter hätte sie gerne um Rat gefragt, aber die wußten ja nichts von Latex, Peitschen oder Fesseln und konnten die Situation beim besten Willen nicht verstehen. Im Laufe des Sonntags hatte sie die Hoffnung endgültig aufgegeben, eine einfache Lösung zu finden und die Entscheidung zu vermeiden, die ihr von Stunde zu Stunde schrecklicher vorgekommen war.
Jetzt saß sie also wieder auf dem Bett und sagte sich: „Janina, reiß dich zusammen und fang endlich an – je länger du zögerst, desto schlimmer wird es.“ Sie war sich sicher, daß sie riskierte, in wenigen Tagen Job, Freunde und Familie zu verlieren, aber wenn das der Preis für ein Leben mit Markus war, dann würde sie ihn akzeptieren. Immerhin blieb ihr die schwache Hoffnung, daß sich nicht alle Menschen außer Markus von ihr abwenden würden, wenn sie seinen Anweisungen gehorchte.
Sie gab sich einen Ruck, stand auf und ging zur Kommode, in der sie ihren Keuschheitsgürtel aufbewahrte, wenn sie ihn nicht gerade anhatte. Die erste Anweisung von Markus war noch relativ einfach umzusetzen:
„Ich möchte, daß Du spätestens Montag früh Deinen Keuschheitsgürtel anziehst und verschließt. Ich weiß, daß Du nicht fremdgehst und seit Deinem Gelübde auch auf jede Form von Selbstbefriedigung verzichtest. Sieh den Keuschheitsgürtel also bitte nicht als Zeichen meines Mißtrauens, sondern als Symbol für Deinen Gehorsam.“
Janina hatte den Keuschheitsgürtel im Urlaub schon einmal zwei Wochen ohne Unterbrechung getragen und wußte, daß es in nur fünf Tagen weder zu unbequem noch zu unhygienisch werden würde. Gerade im Moment war sie wieder einmal in hohem Maße dankbar, daß Markus ihrem Wunsch nach einem modernen Keuschheitsgürtel aus einem Glas-Kohlefaser-Verbundwerkstoff entsprochen hatte, obwohl ihm die klassischen Edelstahl-Keuschheitsgürtel von der Optik her besser gefielen.
Das Design von Janinas Keuschheitsgürtel erinnerte an einen Reinholds-KG, unterschied sich aber in zwei wesentlichen Punkten deutlich davon. Mit dem eigentlichen Keuschheitsgürtel waren kurze Hosenbeine aus einem relativ grobmaschigen schwarzen Nylongewebe verbunden. Den Beinabschluß bildeten schmale Bänder aus dem gleichen Material, aus dem auch der Gürtel gefertigt war. Diese Bänder paßten gerade über die Knie, womit der Spielraum nach oben auf der Mitte der Oberschenkel endete. Das Ganze sah aus wie eine Radlerhose, deren Beine sich aufgrund der engen Abschlüsse nicht nach oben schieben ließen.
So konnte die Trägerin dieser Keuschheitshose den geringen Spielraum, der im Liegen mit gespreizten Beinen zwischen ihrem Körper und der Abdeckung im Schritt vorhanden war, zu nichts Verbotenem mißbrauchen. Die in dieser Position straff gespannten Hosenbeine verhinderten jeden seitlichen Zugriff zuverlässig. Zu Janinas großer Erleichterung hatte sich diese Konstruktion als so effektiv erwiesen, daß Markus auf die ursprünglich geplanten Schenkelbänder verzichtet hatte. Durch das grobe Nylongewebe kam beim Baden genug Wasser und Seife an Janinas Haut, um sich sauber zu fühlen; auch nach dem Baden brauchte sie nur einen Fön und wenige zusätzliche Minuten, um trocken zu werden.
Eine weitere Verbesserung stellte ein dicker Wulst aus weichem, fast gelartigem Silikon dar, der vom Damm aus an den äußeren Rändern der Schrittabdeckung nach vorne lief und oberhalb des zu schützenden Bereichs einen querliegenden Abschluß bildete. Diese Innovation reduzierte einerseits im Sitzen den Druck auf den Schambereich auf ein Minimum. Andererseits wurde dadurch erreicht, daß die Klitoris von der leicht gewölbten Abdeckung nicht berührt werden konnte; somit wurde sichergestellt, daß ein von außen an den Keuschheitsgürtel gedrückter Vibrator weitgehend wirkungslos blieb und keinen Schaden anrichten konnte.
Markus und Janina hatten während des zweiwöchigen Dauertests gemeinsam vergeblich nach einer Schwachstelle gesucht, die einen Orgasmus bei angelegtem Keuschheitsgürtel möglich machen könnte. In ihrem Keuschheitsgürtel war Janina vor einer Erlösung von der Dauergeilheit, die das tragen des Gürtels unerklärlicherweise nach spätestens zwei bis drei Tagen bewirkte, zu einhundert Prozent geschützt. Der Keuschheitsgürtel war unter Janinas normaler Kleidung nicht zu bemerken, und es war nicht Janinas Art, nackt auf der Straße herumzulaufen. Bis jetzt hatte noch niemand in der Öffentlichkeit etwas von dem Keuschheitsgürtel bemerkt, und das würde höchstwahrscheinlich auch diese Woche so bleiben.
Also stieg Janina ohne große Bedenken in die Hosenbeine ihres Keuschheitsgürtels und zog ihn vorsichtig hoch. Sobald die Beinabschlüsse die korrekte Position erreicht hatten, rückte sie den Gürtel so zurecht, daß er im Schritt bequem saß, und klappte die beiden seitlichen Teile des eigentlichen Gürtels nach vorne. Sie mußte den Bauch nur ein wenig einziehen, um die beiden Verschlüsse in die richtige Position zu bringen und zu schließen. Jetzt fehlten nur noch die beiden Verschlußstifte, die das Frontteil für sie unlösbar mit den beiden Seitenteilen verbinden würde, und der Einschluß wäre perfekt.
Der Gedanke, diesmal könnte der Einschluß endgültig sein, schoß Janina durch den Kopf. Sie hielt es durchaus für möglich, daß Markus sie in Zukunft täglich im Keuschheitsgürtel sehen wollte und sie nur noch zum Waschen und natürlich beim gemeinsamen Sex aufsperren würde. Wirklich sicher war sie dabei nur, was das Waschen betraf, denn Markus hatte sich bei allen gemeinsamen SM-Spielen der Vergangenheit immer als äußerst verantwortungsbewußt erwiesen. Ein langfristiges, schlimmstenfalls sogar dauerhaftes Sexverbot als Strafe für ihr bisheriges Verhalten lag in Janinas Phantasien durchaus im Bereich des Möglichen.
Genau genommen hatte sie ihrem Herrn in besonders heißen Momenten, in denen ihre emotionale Seite den rationalen Teil völlig dominierte, schon mehr als einmal vorgeschlagen, ihr nie wieder einen Orgasmus zu schenken und sie so in einem endlosen Kreislauf aus Geilheit und Frustration gefangen zu halten. Jedes Mal war sie spätestens nach einer Stunde heilfroh gewesen, daß Markus diese Angebote nie aufgegriffen hatte. „Wen die Götter strafen wollen, dem erfüllen sie seine Wünsche“ war beim letzten Mal vor einigen Wochen sein Kommentar gewesen. Die Erinnerung daran führte bei Janina zu einem kurzen Schweißausbruch.
Mit zitternden Händen fummelte sie den ersten Verschlußstift durch die Bohrungen in Front- und Seitenteil. Ohne weiteres Zögern drückte sie den Stift so weit in den Gürtel, bis er deutlich hörbar im eingebauten Schloß einrastete. Wenige Sekunden später befand sich auch der zweite Stift an der vorgesehenen Position. Janina atmete tief durch. Wieder einmal fiel ihr auf, daß es gefühlsmäßig einen riesigen Unterschied machte, ob sie aus Gehorsam auf jederzeit mögliche Orgasmen verzichtete, oder ob sie keinerlei Möglichkeit mehr hatte, sich selbst zu erlösen. Egal – sie konnte ihren Entschluß jetzt sowieso nicht mehr rückgängig machen.
Schnell streifte sie den bereitliegenden Latexslip über den Keuschheitsgürtel und zog den passenden BH an. Jetzt waren die Strümpfe an der Reihe; der Keuschheitsgürtel schränkte Janinas Beweglichkeit nur wenig ein, aber bei geschlossenem Korsett wäre das Anziehen der Strümpfe ausgesprochen mühselig. Zum Glück hatte Janina inzwischen reichlich Erfahrung mit der Pflege ihrer Latexkleidung, so daß sie das Silikonöl für die Strümpfe optimal dosiert hatte. Es war gerade genug vorhanden, damit die Füße leicht in ihre transparenten Hüllen gleiten konnten, aber nicht so viel, daß sie den ganzen Tag in den Strümpfen rutschen würde.
Janina hatte für den Moment alle Zweifel und Bedenken, die ihre heutige Garderobe betrafen, zur Seite geschoben. Zur Zeit konzentrierte sie sich ausschließlich darauf, sich so zügig wie möglich anzukleiden, ohne die empfindlichen Latexteile zu beschädigen. Allein für das Anziehen und Schließen ihres Korsetts würde sie ohne Hilfe von Markus mindestens eine viertel Stunde benötigen, und so ganz langsam wurde die Zeit knapp, wenn sie pünktlich ins Büro kommen wollte.
Das Korsett, das sie heute tragen wollte – genau genommen wollte sie es natürlich nicht, sondern sie mußte es tragen – war passend zu ihrem Keuschheitsgürtel auf Maß gefertigt. Die Schnittführung folgte exakt dem oberen Abschluß des Keuschheitsgürtels, so daß das Korsett an den Seiten recht kurz war, im Bauch- und Rückenbereich aber weiter nach unten reichte. An der oberen Kante von Janinas Keuschheitsgürtel war eine senkrechte Nut ausgespart, die 4 mm breit und 3 cm tief war. Dieser Spalt diente dazu, den unteren Rand des geschlossenen Korsetts aufzunehmen, so daß Korsett und Keuschheitsgürtel scheinbar nahtlos ineinander übergehen konnten. Diese Konstruktion führte nicht nur zu einem optisch perfekten Gesamtbild, sondern verhinderte auch schmerzhafte Quetschungen der Haut zwischen Korsett und Keuschheitsgürtel. Der einzige Wermutstropfen bei diesem innovativen Design, das auf einen Entwurf von Markus zurückging, war der doch erhebliche Aufwand beim Anziehen.
Janina legte das Korsett mit ca. 10 cm weit geöffneter Schnürung locker um und hakte vor dem Spiegel die Frontschließe zu. Mit der linken Hand begann sie nun, die Schnur von unten nach oben Öse für Öse anzuziehen, wobei sie die Enden der Schnur mit der rechten Hand vor dem Bauch auf Spannung hielt. Sobald sie das Korsett unten weitgehend geschlossen hatte – zu diesem Zeitpunkt stand die Schnürung nach oben hin noch V-förmig mehrere cm weit offen – sicherte sie die Schnur vorläufig mit einer Schleife vor dem Bauch. Nun folgte der schwierigste Teil der ganzen Prozedur. Mit viel Fingerspitzengefühl mußte Janina jetzt den unteren Rand des Korsetts Stück für Stück in die Nut des Keuschheitsgürtels einpassen und das Korsett anschließend so weit wie möglich nach unten schieben.
Sobald sie sicher war, daß das Korsett sich in der vorgesehenen Position befand, löste Janina die Schleife wieder und machte sich daran, die verbliebene Öffnung des Korsetts von oben nach unten zu schließen. Abschließend wurde die Schnur von Janina noch einmal in der Taille straff nachgezogen und mit der endgültigen Schleife im Rücken gesichert. Ein Blick in den Spiegel machte Janina wieder einmal klar, warum Damen im Korsett bei Männern so gut ankamen. Die Reduktion der Taille von 72 cm auf 64 cm war definitiv nicht extrem; trotzdem hatte keine von Janinas gut aussehenden Freundinnen oder Bekannten ohne Korsett eine vergleichbare Figur oder Haltung.
Mit einer langsamen Drehung um ihre eigene Achse präsentierte Janina sich nun vor einer der Kameras, die Markus mit Janinas Einverständnis überall in ihrer Wohnung installiert hatte. „Hoffentlich schaut er sich die Show wenigstens life an, die ich hier für ihn veranstalte. Wenn er jetzt nicht zufrieden ist, kann ich ihm wirklich nicht mehr helfen“, dachte Janina und zog schnell Bluse und Rock an.
Das weitere Programm lief an diesem Montagmorgen ab wie an jedem anderen Arbeitstag auch. Kaffee aufsetzen, eine Scheibe Toast in den Toaster stellen, Zeitung holen, eine Schale Joghurt mit Müsli vorbereiten und essen, dann den Toast zum Kaffe knabbern waren die normale Routine. Leider gab es nichts in diesem Ablauf, was Janina abgelenkt hätte. Also begann sie wieder zu grübeln, was der Chef, die Kollegen und die Kunden wohl zu einer Architektin mit Korsett und glänzenden Latexbeinen sagen würden. Fast hätte sie darüber die Zeit vergessen. Gerade noch rechtzeitig schreckte sie hoch, schminkte sich in Windeseile und vervollständigte ihr Outfit mit Kostümjacke und flachen Pumps.
Ohne berichtenswerte Erlebnisse erreichte Janina 20 Minuten später ihren Firmenparkplatz vor dem Architekturbüro Schlösser. Mit deutlich beschleunigtem Puls und rosaroten Wangen stieg sie aus und ging zügig auf das Gebäude zu. Bisher hatte sie heute noch niemand gesehen, aber das würde sich jetzt schlagartig ändern.
Kaum saßen die drei Freundinnen an dem ruhigen Ecktisch, von dem aus sie das gesamte Lokal im Blick hatten, schon begann Heike mit dem Verhör. „Wo hast Du diese tollen Strümpfe her? Sind die so fein gestrickt, daß sie glänzen, oder ist das wirklich Plastik?“ „Für mich sieht das eher nach Latex aus. Hab ich recht?“, schaltete sich Andrea ein. Schon wenige Fragen später fiel den beiden Inquisitorinnen auf, daß sie bisher noch auf keine Frage eine Antwort bekommen hatten, vor allem, weil Janina in dem Trommelfeuer aus Fragen noch nicht zu Wort gekommen war. „Ruhe jetzt – Janina, Du bist dran“ kommandierte Heike. Normalerweise war sie die Weltmeisterin in der Disziplin „Dazwischenquatschen“, aber jetzt brauchte sie sofort Antworten, und dafür würde sie sogar einige Minuten still sein, oder die Neugierde würde sie umbringen.
„Eins nach dem anderen“, fing Janina an. „Andrea hat das schon ganz richtig gesehen. Ich habe heute mal Latexstrümpfe angezogen.“ „Wie tragen die sich?“ „Hab ich mir doch gleich gedacht.“ „Darf ich mal fühlen?“ Die minutenlange Stille von Heike hatte kaum zehn Sekunden gedauert. „Wenn es Euch wirklich so brennend interessiert, dann solltet ihr mich vielleicht auch mal was sagen lassen!“ Zwei Köpfe nickten heftig Zustimmung – ab jetzt hatte Janina das Wort. „Was darf ich den Damen bringen?“, funkte der Kellner dazwischen und ahnte nicht mal, daß er sich versehentlich in Lebensgefahr begeben hatte. „Kaffee“ „Espresso“ „Eiskaffee“ – so schnell und unfreundlich bekam er die Bestellungen der drei sonst immer gut gelaunten Stammkundinnen normalerweise nie um die Ohren gehauen. Sein gut entwickeltes Gespür für die Launen seiner Kundschaft hielt den Kellner von jedem Versuch ab, die Stimmung mit einem lockeren Spruch aufzuhellen. Mit einem leisen „Danke“ machte er sich statt dessen so schnell wie möglich unsichtbar.
„Wie gesagt, es sind Latexstrümpfe. Markus fährt total auf Latex ab und hat mich schon am Anfang unserer Beziehung überredet, Latexkleidung zu probieren. Ich fühle mich eigentlich darin wohl, wobei ich mich bisher in den Sachen kaum aus dem Haus getraut habe. Am Wochenende hat Markus mir dann klar gemacht, wie wichtig es ihm ist, daß ich meine Scheu überwinde. Hier seht Ihr das erste Ergebnis vor Euren staunenden Augen.“ Damit kam Janina zum ersten Mal einer weiteren Forderung aus dem Brief nach:
„Ich möchte – wünsche – verlange (such Dir das passende aus), daß meine Sub alle Fragen zu ihren Outfit oder zu ihrer Stellung als Sub so offen und wahrheitsgemäß wie möglich beantwortet. Keine Lügen, keine Ausflüchte, höchstens vorsichtige Umschreibungen, wenn es völlig unpassend erscheint, direkt die Wahrheit zu sagen.“
„So, bevor ich die übrigen hundert Fragen beantworte, wollte Andrea wissen, wie es sich anfühlt. Nur zu!“, sagte Janina und legte das linke Bein direkt neben Andrea ausgestreckt auf die Eckbank. Nach kurzem Zögern tippte Andrea den latexumspannten Unterschenkel ihrer Freundin und Chefin erst mal vorsichtig an. „Du kannst ruhig richtig anfassen. Ich beiße bestimmt nicht, und sooo empfindlich ist Latex auch nicht“, wurde Andrea ermutigt. Heike brachte volle 60 Sekunden Geduld auf, während Andrea die leicht ölige Oberfläche befühlte und vorsichtig streichelte.
„Jetzt bin ich aber dran. Her mit dem Bein!“, machte Heike sich wieder bemerkbar. Also drehte sich Janina ein Stück und streckte das andere Bein zu Heike aus, die sofort mit einer gründlichen Untersuchung begann. Nach kurzer Zeit hatte sich auch Heike einen ersten Eindruck verschafft. „Gut. Ich fühle mich ja schon mit einer normalen Strumpfhose nicht besonders wohl und glaube von daher nicht, daß ich Latex auf der Haut angenehm finden würde. Allerdings sieht es so toll aus, daß ich glatt in Versuchung kommen könnte. Andrea, was meinst Du?“ „Einfach toll. Der glatte Wahnsinn – in jeder Beziehung. Ist das Deine einzige Überraschung heute, oder versteckst Du noch mehr geile Teile unter Deinem Kostüm?“
Janina wurde knallrot; ehe sie richtig antworten konnte, fiel ihr Heike schon ins Wort: „Sag mal Andrea, bist Du eigentlich blind? Das sieht man doch auf den ersten Blick, daß Janina ein Korsett trägt. Stimmts, oder habe ich recht?“ „Die Kandidatin hat 100 Punkte. Als Ihr mich heute morgen nicht sofort darauf angesprochen habt, dachte ich schon, man sieht es nicht, wobei mich das schon gewundert hätte.“ „Mir war nur Deine aufrechte Haltung aufgefallen, wo Du doch sonst bei unseren Besprechungen immer in Deinem Sessel hängst wie ein Schluck Wasser in der Kurve“ meinte Andrea, „auf ein Korsett bin ich trotzdem nicht gekommen. Ich habe allerdings auch noch nie eine Frau kennengelernt, die ein Korsett trägt – höchstens die Schauspielerinnen in Theater. Nimm es mir bitte nicht übel, aber bei den Begriffen Korsett oder Latex hätte ich bis heute auch weniger an Dich, sondern eher an die Damen vom horizontalen Gewerbe gedacht.“
Spontan schoß Janina der Kommentar „Ich auch“ durch den Kopf, aber zumindest mit Blick auf das Korsett wäre das weniger als die halbe Wahrheit gewesen. „Inzwischen gibt es wieder einige Fachgeschäfte für Korsetts, unter anderem auch hier in Köln und in Düsseldorf, wo ich mein Korsett gekauft habe. In der Gothic-Szene trägt heutzutage fast jedes zweite Mädchen wenigstens gelegentlich eins, und auch zu Abend- und Brautkleidern werden inzwischen wieder öfter Korsetts getragen“, erklärte Janina. „ Zur Arbeit und in der Freizeit ist es natürlich ungewöhnlich, wobei Markus davon träumt, daß Korsetts in einigen Jahren wieder zum normalen Straßenbild gehören. Vielleicht werde ich noch zum Pionier einer Korsett-Renaissance.“
Nach ein paar weiteren Fragen zur Bequemlichkeit und Alltagstauglichkeit von Janinas Kleidung driftete das Gespräch zu Janinas großer Erleichterung auf andere Themen ab. Kurz darauf bezahlten die Drei dann und verließen das Cafe. Auf der Straße, quasi im letzten Moment vor dem nach Hause fahren, kam dann doch noch eine abschließende Frage von Heike: „Für heute ist mein Wissensdurst gestillt. Kannst Du mir nur noch verraten, ob das heute ein einmaliges Experiment oder erst ein Anfang war?“ Janinas Antwort war für die beiden Kolleginnen mehr als rätselhaft und überraschend. „Ich weiß es selbst nicht genau; das hängt ausschließlich von Markus ab. Möglich ist alles, Ihr müßt Euch genauso überraschen lassen wie ich mich. Nach unserem Gespräch habe ich jedenfalls die Hoffnung, daß Ihr mich in jedem Outfit akzeptieren werdet.“ Natürlich versprachen Heike und Andrea spontan, daß Äußerlichkeiten nie etwas an ihrem guten Verhältnis ändern könnten, und verabschiedeten sich dann.
Janina ging zu ihrem Wagen, setzte sich hinein und atmete erst einmal so tief durch, wie es das Korsett erlaubte. Geschafft! Das erste Outing war überstanden, und es war besser abgelaufen als erwartet.
Zu Hause führte der erste Weg zum Briefkasten. Janina war stolz darauf, wie sie den ersten von fünf Tagen gemeistert hatte. Jetzt wollte sie so schnell wie möglich wissen, was morgen auf sie zukommen würde und danach einen ruhigen Abend verbringen.
Montag, 18:50. Der zweite Brief
Meine liebe Sub,
ich gratuliere Dir zum erfolgreich absolvierten ersten Tag der Testwoche. Soweit ich es gesehen und gehört habe, hast Du meine Anweisungen heute vorbildlich befolgt und kannst auf Dich wirklich stolz sein.
Wenn Du auf Probleme gestoßen bist, die ich nicht mitbekommen habe, darfst Du Dich täglich zwischen 21:00 und 22:00 vor die Webcam in Deinem Arbeitszimmer setzen und davon berichten. Ich werde zuhören und mich um eine Lösung bemühen, egal, worum es sich handelt. Zu sehen oder zu hören bekommst Du mich im Moment auch online nicht; ich möchte, daß Du weiterhin versuchst, mit meinen Herausforderungen alleine klar zu kommen.
Heute abend hast Du keine Auflagen und kannst an- oder ausziehen, was Du möchtest. Für morgen wird Dein Outfit ähnlich aussehen wie heute; Keuschheitsgürtel, Latexwäsche, Korsett und Strümpfe bleiben. Als einzige Steigerung wirst Du morgen einen Latexrock Deiner Wahl tragen. Bluse, Jacke und Schuhe darfst Du selbst aussuchen.
Ich habe morgen um 18:00 einen Termin für Dich vereinbart. Du wirst zum Latexatelier Glänzende Träume fahren und die Sachen anprobieren, die ich für Dich bestellt habe. Alles ist bezahlt; wenn die Teile passen, kannst Du sie einfach mitnehmen. Außerdem möchte ich, daß Du Dich mit dem geschlossenen Korsett genau vermessen läßt, damit ein weiterer Auftrag von mir umgesetzt werden kann.
Liebe Grüße und viel Glück, Dein Markus!
Janina wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie war gerade so stolz auf sich gewesen, daß sie einen riesigen Schritt in die von Markus und – wenn sie ehrlich zu sich selbst war – von ihr selbst gewünschte Richtung geschafft hatte. Jetzt dieses Lob von ihrem Herrn und gleichzeitig der unmißverständliche Hinweis darauf, daß der Montag erst ein Anfang gewesen war. Natürlich waren Latexwäsche, Korsett und vor allem der Keuschheitsgürtel keine Kleinigkeiten; die meisten „normalen“ Frauen wären sicherlich schon mit jedem einzelnen dieser Kleidungstücke überfordert gewesen. Nun war es für Janina ja nicht das große Problem, den Keuschheitsgürtel oder das Korsett zu ertragen; beide Teile waren perfekt angepaßt und nicht unbequemer als etwa eine knapp sitzende Jeans. Problematisch war es für Janina immer erst dann geworden, wenn die Möglichkeit bestand, daß uneingeweihte Mitmenschen eines ihrer Geheimnisse entdecken könnten.
Von daher konnte sie sich streng genommen für den Montag nur die öffentlich getragenen Latexstrümpfe und das offene Gespräch eben mit ihren Freundinnen als echte Erfolge anrechnen. Morgen würde es definitiv noch viel schwerer werden, denn einen Rock plus Strümpfe aus Latex würde niemand mehr übersehen können, so daß Janina endgültig mit deutlichen Reaktionen schockierter Spießer rechnen mußte. Auch stand natürlich die Frage im Raum, was die restlichen drei Tage bringen würden. Vor ihrem inneren Auge sah Janina Schreckensbilder von sich selbst, wie sie schon am Freitag vollständig gummiert, streng geschnürt, mit Gasmaske und Ballet Boots ausgestattet ihrem Chef oder ihren Kunden gegenübersitzen würde. Seit letztem Freitag war es für Janina klar geworden, daß ihre bisherigen Grenzen in einer Beziehung zu Markus keinen Bestand haben konnten; die Ziele und vor allem Grenzen von Markus, die ab jetzt für sie maßgeblich sein sollten, kannte sie dagegen nur vage.
Von einem Moment auf den anderen wurde Janina bewußt, daß sich in ihren Stümpfen und unter ihrer Latexwäsche reichlich Feuchtigkeit angesammelt hatte. Den Tag über hatte es sich nur um einen leichten Schweißfilm gehandelt; solange Janina keine harte körperliche Arbeit leisten mußte, schwitzte sie auch unter Latex so wenig, daß es nicht unangenehm wurde.
Der Gedanken an extreme Fetischoutfits im Büro hatte sie jedoch ins Schwitzen gebracht und außerdem unter dem Keuschheitsgürtel eine weitere Feuchtigkeitsquelle aktiviert. Janina hatte im Moment keine Möglichkeit, diese Quelle eingehender zu untersuchen, so gerne sie das auch getan hätte. Allerdings gab es auch so keinen Zweifel; sie konnte wieder einmal nicht ignorieren, daß der Gedanken an demütigende, erniedrigende öffentliche Auftritte in Fetischklamotten sie sexuell stark erregte.
Kopfschüttelnd über ihre eigenen Empfindungen zog sich Janina aus, soweit sie das konnte, um ein Bad zu nehmen. Ein paar Streicheleinheiten für Oberschenkel und Busen hätten Janinas Erregung weiter steigern können, aber sie verzichtete lieber darauf. Ihre Vereinbarung mit Markus in Bezug auf eigenhändiges Verwöhnen und Selbstbefriedigung bezog sich nur auf die Zeiten ohne Keuschheitsgürtel. Da sie mit Gürtel sowieso nur zu einer hochgradigen Erregung, aber beim besten Willen nicht zu irgendeiner Form von Befriedigung kommen konnte, hatte Markus ihr für die Verschlußzeiten ausdrücklich alle Maßnahmen gestattet, die zur Steigerung der Erregung geeignet waren. Janina hatte es sich inzwischen allerdings weitgehend abgewöhnt, diese Freiheiten zu nutzen. Markus liebte es, wenn seine Sub von ihrer sexuellen Frustration in ein heulendes Häufchen Elend verwandelt wurde oder den Punkt erreichte, vor lauter unbefriedigter Geilheit um einen Orgasmus zu betteln.
Janina dagegen zog es vor, Haltung zu bewahren und die Beherrschung nicht zu verlieren, obwohl die Höhepunkte nach einer Phase erzwungener Keuschheit mit nichts anderem zu vergleichen waren. Je höher das Geilheitsniveu gewesen war, desto tiefer waren normalerweise die Ruhe und Befriedigung nachher. Trotzdem – am Anfang einer sexuellen Durststrecke, die sich mindestens über eine Woche und möglicherweise deutlich darüber hinaus erstrecken würde, war es am Klügsten, die Finger still zu halten und statt an Sex lieber an die Arbeit oder an kalte, tote Fische zu denken.
Vorsichtshalber temperierte Janina ihr Badewasser so, daß es eher erfrischend als entspannend und einschläfernd wirkte; andernfalls wäre sie mit Sicherheit wieder in angenehme Träumereien abgeglitten. Anschließend frottierte sie sich gründlich und trocknete die Haut unter dem Keuschheitsgürtel sorgfältig mit dem Fön.
Kurz darauf stand sie wieder im Schlafzimmer vor ihrem riesigen Kleiderschrank. Das Haus würde sie heute nicht mehr verlassen; also wären Jogginghose und Schlabber-T-Shirt für einen gemütlichen Abend angemessen. Janina zögerte nur kurz, bevor sie eine schwarze Hose und ein lila T-Shirt wählte, beides aus feinem Latex. Auch wenn sie für den Abend keine Auflagen hatte – sie wollte die Pluspunkte vom Tag auf keinen Fall aufs Spiel setzen, indem sie Sachen anzog, die Markus mit Sicherheit nicht gefallen würden.
Selbst falls Markus die Kameras in der Wohnung nicht nutzen sollte, um ab und zu nach Janina zu sehen – und das konnte unter den gegebenen Umständen nur eine sehr naive Person annehmen – konnte sie mit den bequemen Kleidungsstücken aus Latex nicht viel falsch machen. Im Gegensatz zu etlichen figurbetonten, teilweise hautengen Teilen, die sie nur mit Hilfe von Silikonöl anziehen konnte, waren Janinas weiter geschnittene Modelle dünn eingepudert. Leicht geöltes Latex, faltenfrei auf der Haut liegend, fühlte sich klasse an, aber die seidige Glätte von gepudertem Latex gefiel Janina fast noch besser.
Unmittelbar nach dem Anziehen ließ das kühle Latex auf der Haut Janina kurz erschauern. Prüfend strich ihre Hand vom Hals abwärts über Brust und Bauch und kehrte nach wenigen sanft kreisenden Bewegungen zum Busen zurück. In Gedanken war Janina mit ihren Aufgaben für den kommenden Tag beschäftigt, während ihre Hände sich wie von selbst zunehmend intensiver mit ihren Brustwarzen befaßten. Leichtes Streicheln der Brüste mit den Handflächen, vorsichtiges Umkreisen der empfindlichsten Stellen mit den Fingernägeln, dazwischen auch ein paar kräftige, knetende Bewegungen – die Hände wußten anscheinend von selbst, was zu tun war.
Erst als Janina beim fortgeschritteneren Teil ihres Verwöhnprogramms für die Brustwarzen angekommen war, bei dem ihre inzwischen frech vorstehenden Nippel nicht nur gestreichelt, sondern auch langgezogen, verdreht und gekniffen wurden, wurde ihr bewußt, was sie gerade anstellte. Allen guten Vorsätzen zum Trotz war sie schon wieder dabei, ihre Erregung an die Grenze des Erträglichen zu steigern. Unter Aufbietung ihrer ganzen Willenskraft vertrieb Janina ihre Hände von den Brustwarzen, wobei sie ein enttäuschtes Stöhnen nicht unterdrücken konnte.
Zum Glück war noch genug Hausarbeit zu erledigen, um sich in der bis 21:00 verbleibenden Zeit abzulenken. Als erstes reinigte Janina die getragene Latexkleidung in der Badewanne und spülte die Strümpfe in einem Eimer mit warmem Wasser und wenig Silikonöl nach. Nachdem sie die Wäsche aufgehängt hatte, schmierte sie sich zum Abendbrot eine Scheibe Schwarzbrot mit Leberwurst und frischer Paprika. Dazu gönnte sie sich noch zwei Scheiben Knäckebrot mit Käse und Gurke sowie eine Tasse Tee. Übergewicht war bei Janina zwar noch kein Thema und würde es bei der Vorliebe ihres Freundes für Korsetts wohl auch nicht so schnell werden, aber ein wenig Disziplin beim Essen war schon nötig. Janina selbst oder Markus hätten ein paar zusätzliche Pfunde möglicherweise noch toleriert, aber der Keuschheitsgürtel war auch in diesem Punkt unerbittlich.
Ihre Mahlzeit nahm Janina in ihrem Lieblingssessel während den Nachrichten ein. Im Prinzip fand sie es reichlich stillos, sich zum Essen vor den Fernseher zu setzen, aber ein schön gedeckter Tisch mit Kerzen, Silberbesteck und Kristallgläsern war für eine Person allein doch etwas aufwendig und unpassend. Wenn Janina es sich genau überlegte, sprach dieser Aspekt deutlich gegen die eigene Wohnung. Viel lieber hätte sie jetzt mit Markus zusammen gegessen, auch auf die Gefahr hin, ihr Essen auf dem Boden kniend verzehren zu müssen.
Nach dem Essen reichte die Zeit gerade noch aus, um die Küche aufzuräumen und grob zu putzen, bevor Janina sich kurz vor 21:00 an ihren PC setzte, um wenigstens die einseitige Kommunikationsmöglichkeit zu nutzen, die Markus ihr angeboten hatte. Janina faßte die Ereignisse des Tages kurz zusammen, die ganze Zeit hoffend, daß sie Markus doch über die Webcam zu sehen bekommen würde. Leider war Markus entweder nicht zu Hause oder kam nicht an den Computer; auf jeden Fall wartete Janina vergeblich auf eine Reaktion. Allerdings war ihr Tag ja auch reichlich unspektakulär verlaufen, jedenfalls im Vergleich zu ihren massiven Sorgen.
Damit gab es keine echten Probleme und somit auch keinen Grund für ein Eingreifen ihres Freundes oder Herrn – so ganz konnte sich Janina zwischen den beiden Begriffen nicht entscheiden, wenn sie an Markus dachte. Daher endete das ausgesprochen einseitige Gespräch schon nach wenigen Minuten. Janina trennte die Internetverbindung und schaltete den PC aus. Bewußt hatte sie kein Wort darüber verloren, was sie von den Anweisungen für den nächsten Tag hielt. Nach dem reibungslosen Wochenstart hätte sie sich den Mund fusselig reden können, ohne eine Erleichterung ihrer Aufgabe zu erreichen. Es war also klüger, die Anordnungen einfach zu akzeptieren, anstatt vergebens zu betteln.
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