Kapitel 5
Später ging ich nachdenklich zurück. Die Bilder vor meinen Augen wühlten mich auf.
An der Schmiede angekommen, hörte ich das pochen des Hammers und ich beschloss, bereits an dem Tag mitzuarbeiten. Es brachte mich auf andere Gedanken.
Alois wundete sich, dass ich meine freie Zeit lieber bei der Arbeit verbrachte, hatte aber nichts dagegen. Er überreichte mir eine ältere Lederschürze zum Schutz gegen die Funken. Danach zeigte er mir, wie ich mit einem großen Hammer zuschlagen musste, damit keine Riefen in das Metall getrieben wurden. Schnell verstand ich und wir arbeiteten Hand in Hand. Ich schlug zu und er drehte unter meinen präzisen Schlägen das Metall. Zwischendurch kümmerte ich mich um das Feuer und bediente den Blasebalg, um das Metall auf die erforderliche Temperatur zu bringen. Alois zeigte mir, welche Farbe das glühende Metall annehmen musste, damit es optimal verarbeitet werden konnte. Wurde die Glut zu hell, sprich weiß, wurde es zu weich, und wenn es zu dunkel, sprich rot wurde, war es zu hart, um gut geformt werden zu können.
Was mir auffiel, war die Holzkohle, mit der was nicht in Ordnung war. Ich ging zu einem der Säcke, in denen es gelagert wurde, und tauchte meine Hand hinein. Hier holte ich eine Handvoll heraus und sah sie mir genauer an.
Sie war nicht gut, das Holz war nicht richtig verkohlt, gleichzeitig war die Feuchtigkeit zu hoch. In der Art brannte die Holzkohle nicht optimal. Bei hoher Hitze würde sie nicht lange brennen und schnell an Kraft verlieren. Das bedeutete geringere Ausbeute an Energie oder anders gesagt, man zahlte zu viel für eine minderwertige Ware.
„Die Holzkohle ist nicht gut!“, meinte ich mehr für mich selber, doch Alois bekam es mit. Er sah mich fragend an und schüttelte verständnislos den Kopf, auch wenn er wusste, dass ich bei einem Köhler gearbeitete hatte.
„Du meinst, es gibt bessere?
„Sicher. Wenn ich einen entsprechenden Platz bekommen würde, dann könnte ich welche für dich machen!“
Alois dachte einen Moment darüber nach, runzelte dabei die Stirn.
„Hmmmm. Hinter dem Haus wäre es möglich, aber bau das Ding nicht zu dicht am Haus, sonst bekomme ich Ärger von meinen Frauen, wenn der zusätzliche Rauch in die Zimmer zieht.
Und denk dran, ich brauchte dich in der Schmiede, ich haben dieses Jahr besonders viele Aufträge und benötige deine Arbeitskraft hier und nicht am Meiler!“
„Geht klar, dafür brauche ich nicht viel Zeit. Wird ein kleiner, nach dem ich ab und zu schauen muss. Das geht schnell!“
„Gut, dann mach es. Vielleicht hast du ja recht und es hilft uns in der Schmiede!“
Beide waren wir zufrieden mit der Lösung. Alois musste meine Arbeitskraft nicht entbehren. Ich konnte einen zusätzlichen, nützlichen Dienst leisten, den ich gerne für ihn in Angriff nehmen wollte.
Eines Nachts, ich war noch nicht eingeschlafen, hörte ich was aus dem Nebenraum. Die Tür war nicht geschlossen, sondern stand weit offen. Ich starrte in die Dunkelheit und dachte über diese und das nach, als ich ein leises Flüstern von Alois und seiner Frau aus dem Nebenraum hörte.
Es war so leise, das ich mich anstrengen konnte, wie ich wollte, trotzdem verstand ich kein Wort. Stattdessen fing ihr Bett leise zu knarren an und schmatzende Laute erreichten meine Ohren. Rhythmisch setzte sich, lauter werdend, dieses Geräusch fort. Ein Stöhnen wie das von Gemarterten folgte, in dem ich die Laute der beiden nicht unterscheiden konnte. Am Ende gipfelte es in einem unterdrückten Schrei beider, der in einem gurgelnden Geräusch endete. Danach herrschte gespenstische Ruhe.
Was war dort vor sich gegangen?
Nun war an Schlafen nicht mehr zu denken. Was war geschehen? Hatten die beiden beschlossen sich gegenseitig umzubringen oder hatten sie schlecht geträumt? Gedanken über Gedanken fluteten durch mein Gehirn und kamen zu keiner Lösung des Rätsels. Zudem plagte mich meine Blase und veranlasste mich aufzustehen, um mich zu erleichtern. Blind vor Dunkelheit, tappte ich nach draußen, um das stille Örtchen aufzusuchen.
Es war eine wunderschöne, klare Nacht. Der Mond stand freundlich am Himmel und die Sterne blinkten um ihn herum um die Wette. Reine, kalte Luft, umspülte mich und ließ mich leicht frösteln, als ich es laufen ließ.
Nach der Verrichtung schlich ich mich leise zurück ins Haus. Jetzt konnte ich das männliche Schnarchen vorn Alois vernehmen, das im Einklang mit den Atemgeräuschen der anderen harmonierte.
Eins wurde mir klar. Alois lebte, um seine Frau machte ich mir Sorgen, von ihr war nichts zu vernehmen.
Ich schlich mich an den Betten der Mädchen vorbei, als ein Arm aus Alias Bett nach mir griff und mich unter ihre Decke zog, bevor ich mich dagegen wehren konnte. Mir wurde klar, dass nicht nur ich nicht schlafen konnte. Kaum lag ich dort, schmiegte sie sich von hinten an meinen Rücken und ich spürte die wärme ihres Körpers. Sie schien zu glühen. Ihre Arme schlangen sich um meinen Körper und ich kam mir vor, wie das Opfer einer Schlange, wie ich es auf meiner Wanderung durch die Wälder gesehen hatte.
Ein leichtes Zittern ging durch ihren Körper, als sie sich hinter mir langsam bewegte. Sie rieb sich an mir und presste sich fest an mich heran. Es wurde wärmer und wärmer und ich hätte am liebsten die Decke abgestreift, fühlte mich wie im Backofen.
Minuten später zog sie einen Arm von mir ab, sodass ich mehr Bewegungsfreiheit hatte. Ich konnte spüren, dass sie die frei gewordene Hand, zwischen unseren Körpern, an meinem Rücken abwärts schob und ungefähr auf Gesäßhöhe stehen blieb, wo sie diese anfing zu bewegen. Dabei spürte ich, wie sich die Fingerknöchel in wellenartigen Bewegungen gegen meinen verlängerten Rücken drückten. Währenddessen meinte ich, in all der Aufregung, ein unterdrücktes schweres Atmen hinter meinem Kopf zu hören, was sich in der Geschwindigkeit und Stärke steigerte.
Kurze Zeit später ging ein gewaltiges Zittern durch ihren Körper, das sekundenlang anhielt und langsam verebbte. Schweiß lief mir den Rücken herunter und ich glaubte, dass es nicht alleine meiner war, was aufgrund der dicken Schlafwäsche unmöglich war. Ihr Körper erschlaffte und die Umarmung lockerte sich auf ein erträgliches Maß. Dann schlief sie schnell ein. Ich war verwirrt wie nie zuvor, sodass ich bis zum nächsten Morgen kein Auge mehr zutat und in ihrem Bett liegen blieb. Erst am frühen Morgen kletterte ich aus dem Bett und ging in mein Eigenes. Leider durfte ich nicht lange ruhen, die Tage waren mit viel Arbeit ausgefüllt, die ich zu verrichten hatte. Diese Nacht brannte sich in meinem Gehirn fürs Leben ein.
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