Zum Verständnis: Dies ist keine Autobiografie, obgleich sie auf meinen Jugenderinnerungen basiert. Da sich das Ganze viel länger zieht als geplant, habe ich beschlossen, in Teilen zu veröffentlichen. Positives Echo wird sicher nicht ohne Einfluss auf meine Motivation bleiben.
– 1 –
Ich war im Winter fünfzehn geworden, schlank & sportlich, kein Recke, aber eine angenehme Erscheinung. Die Schule lief mehr nebenher, ich fraß Bücher und war ansonsten viel draußen. Gerade hatte ich die Fotografie für mich entdeckt. Das war zu einer Zeit, als Fotoapparate noch Kästen waren, in die man eine Filmrolle einlegen und diese nach dem Belichten entwickeln lassen musste. Fotografiert wurde fast ausnahmslos in Schwarz-Weiß, denn Farbbilder kosteten ein Vermögen und waren demzufolge die Domäne derer, die das von Berufs wegen taten. Ich hatte mir nach dem Durchlesen eines Ratgebers für Amateurfotografie in den Kopf gesetzt, ein paar hübsche Frauen zu fotografieren, denn ich war in einem Alter, in dem das andere Geschlecht immer verlockender wurde. Schüchtern wie ich war, wollte ich natürlich keine Frauen aus meinem unmittelbaren Umfeld ansprechen. Was lag also näher, als an schönen Frühlingstagen, wo besagte Damen ein übermächtiges Verlangen nach Sonne entwickelten, auf Motivsuche zu gehen? So lief ich eines Tages mit meiner nach jedweden Maßstäben schrottigen Sucherkamera der Marke Beirette SL 100 am Handgelenk über den Galgenberg und sah plötzlich auf der anderen Seite der Schlucht auf einer Bank ein weibliches Wesen, das sich sonnte. Ich lief mit klopfendem Herzen den Weg um den Talkessel herum, befürchtend, dass sie verschwinden würde, wenn sie mich kommen sähe. Doch das tat sie nicht. Sie mochte Anfang, vielleicht Mitte zwanzig sein und sie gefiel mir auf Anhieb. Halblange, gewellte, dunkelbraune Haare und ein ovales Gesicht mit rehbrauen Augen, einem schmalen Mund, heller Haut und auffälligen Sommersprossen. Keine klassische Schönheit, aber sie hatte etwas an sich, das mich auf den ersten Blick faszinierte.
Sie saß mit geschlossenen Augen auf der Bank und gab sich der Sonne hin. Gekleidet war sie in eine fliederfarbene Bluse aus gesmokter Kunstseide mit breitem Ausschnitt und kurzen Ärmeln, die sich eng um ihren schlanken Oberkörper schmiegte, und einen dunklen, halblangen, engen Rock. Ihre nackten Füße steckten in Schnürsandalen, deren Bänder sich bis unter die Knie wanden. Windjacke und die Handtasche hatte sie neben sich auf die Bank gelegt, und wie jede junge Frau die als erwachsen gelten wollte rauchte sie.
Mir schlug das Herz bis zum Hals, als ich sie scheu musterte. Ich wandte mich zunächst Richtung Talkessel, um erst einmal zu Atem zu kommen. Als ich mich wieder gefasst hatte, drehte ich mich um und ging langsam auf sie zu. Sie richtete sich auf, blies Rauch zur Seite und schaute mich abwartend an. Ich wünschte ihr einen guten Tag und fing ziemlich aufgeregt damit an, dass ich mich der Fotografie verschrieben hätte und auf der Suche nach hübschen Modellen sei. Und dass sie mir aufgefallen wäre und ich gerne ein paar Porträtaufnahmen von ihr machen wollte, natürlich nur, sofern sie nichts dagegen hätte. Es stellte sich heraus, dass das der Fall war. Sie errötete sogar ein wenig, als sie zustimmte – anscheinend war ich der erste, der ein solches Ansinnen an sie richtete. Bei der Gelegenheit fiel mir auf, dass ich mich noch gar nicht vorgestellt hatte, was ich sofort nachholte. Sie schüttelte meine Hand mit überraschend festem Druck und stellte sich ihrerseits als Anja vor. Wir gerieten ins Gespräch und ich bat sie, möglichst so zu tun als wenn ich nicht da wäre. Und ob es ihr etwas ausmachen würde, wenn ich sie beim Rauchen fotografierte. Natürlich war es ihr etwas peinlich, aber ich versicherte ihr, dass diese Aufnahmen lediglich einfache Übungsaufnahmen wären.
Ich weiß auch nicht, woher meine plötzliche Ruhe und Gelassenheit kam, immerhin war sie mindestens sieben bis acht Jahre älter als ich, aber ich wollte sie unbedingt fotografieren – immerhin hatte ich es geschafft sie anzusprechen ohne mich komplett zu blamieren und sie hatte meinem Wunsch zugestimmt. Das gab mir Sicherheit und eine breite Brust. Ich sc***derte ihr in genauen Worten, wie ich mir die Bilder vorstellte, was genau ich einfangen wollte und wie sie mir dabei helfen könnte. Und wie hübsch sie aussähe und wie sehr mir die Symbolik gefiele, eine Zigarette zwischen ihren hübschen, rot geschminkten Lippen zu sehen. Ich weiß nicht, ob es mehr an meinen Worten oder der Art lag, wie ich sie vorbrachte, sie nahm jedenfalls einen tiefen Zug, reckte sich mir entgegen und blies provozierend den Rauch in meine Richtung. Ich grinste, hob die Kamera ans Auge und begann sie zu dirigieren, um den besten Abstand und Blickwinkel zu finden, denn meine Kamera hatte Festbrennweite und lediglich zwei Belichtungseinstellungen, wenn man die Blitzstellung außer Acht ließ, und Blitzlichter hatte ich eh keine. Schließlich entschied ich, da die Sonne mir im Rücken stand, sie solle sich seitlich auf die Bank setzen, so dass die Sonne sie von einer Seite anstrahlen würde und zwängte mich halb in den die Bank umwuchernden Busch, um ihr Gesicht von vorn einzufangen. Ich machte mehrere Aufnahmen aus verschiedenen Höhen und Abständen und hoffte, dass wenigstens eine von ihnen ein brauchbares Bild bringen würde. Wie man mit Blende und Belichtung die Schärfentiefe regulieren konnte, wusste ich zwar in der Theorie, jedoch hielt ich einen absoluten Idiotenapparat in der Hand, bestenfalls als Knipse brauchbar.
Doch das alles interessierte sie nicht, sie genoss offensichtlich das Klicken des Verschlusses und die damit verbundene, ans Intime gehende Aufmerksamkeit ihrer Person gegenüber, denn sie taute schnell auf und begann zu erzählen. Nicht überdreht, sondern ganz natürlich. Wer sie war, wo sie herkam, was sie machte und all diese Dinge. Einiges rauschte einfach an mir vorbei, denn ich war tatsächlich darauf konzentriert, Bilder zu machen; den richtigen Moment abzuwarten, wenn sich der Rauch aus ihrem Mund schön vor den dunklen Blättern kräuselte; ihr Gesicht, wenn sie mit geschlossenen Augen konzentriert an ihrem Glimmstängel sog. Dennoch schaffte ich es, dabei mit ihr zu kommunizieren, bezog sie aber immer wieder in den Prozess des Fotografierens ein, sagte ihr, wohin sie schauen, wann sie ziehen und wohin sie Rauch ausblasen sollte. Zwischendurch wartete ich einfach nur und beantwortete ihre Fragen, immer mit dem Objektiv am Auge, um nicht den Moment zu verpassen, wenn sie mich wieder einmal mit diesem scheuen Hundeblick von unten anlächelte.
„Oh, das war wunderschön“, sagte ich. „Du hast gerade auf eine wahnsinnig tolle Art geschaut und so hübsch dazu gelächelt, das war unglaublich! Hoffentlich wird dieses Bild etwas.“
Sie schaute verlegen weg, sah mich dann wieder an und sagte: „Setz dich mal hin.“ Dabei klopfte sie neben sich auf die Bank und sah mich mit entwaffnendem Blick an. „Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir die Bilder zeigen könntest, wenn sie fertig sind. Kannst du das machen? Weißt du, ich bin nämlich noch nie fotografiert worden. Ich meine, noch nie so, nur ich ganz allein und um meinetwillen… Und das hat mir echt Spaß gemacht.“ Ich schluckte kurz ob dieser für mich unerwarteten Bitte. „Aber klar, gerne doch. Aber erwarte bitte nicht zu viel, ich bin ein Anfänger und hab nur eine ganz einfache Kamera. Ich weiß nicht, ob überhaupt eins der Bilder was geworden ist. Ich möchte dir aber sagen, dass ich es ganz toll finde, dass du dich von mir fotografieren lassen hast, das war sehr nett und du bist auch so hübsch, dass es Spaß macht, dich immer wieder zu fotografieren.“ Sie schaute mich einen Moment an und erwiderte dann, dass das ja gar nicht schlimm war und ihr auch gefallen hätte. Dann gab sie mir noch ihre Adresse und ich verabschiedete mich von ihr und lief mit dem Apparat in der Hand heim, um den Film noch am selben Tag zum Fotografen zu bringen. Vorher schrieb ich mir sicherheitshalber noch ihren Namen und ihre Adresse auf, obgleich ich beides noch heute herbeten könnte.
– 2 –
Gleich nach den Hausaufgaben ging ich beim Fotoladen vorbei. Die Fotografin, eine etwas stämmige, attraktive blonde Endzwanzigerin mit französischen Zöpfen, brachte meine Aufnahmen mit der entwickelten Filmrolle, schaute mich an und lächelte: „Ah, der angehende Fotograf!“ Dann verzog sie traurig ihr Gesicht und breitete vierundzwanzig Abzüge vor mir aus. „Leider sind fast alle verwackelt, nur ein Bild ist halbwegs scharf. Was für einen Apparat hast du denn?“ Ich sagte es ihr.
„Schade“, meinte sie. „Die sind nicht besonders. Du musst darauf achten, beim Abdrücken nicht zu verreißen. Einatmen, ausatmen, Luft anhalten und langsam herunterdrücken. Vielleicht kannst du es ja noch mal probieren, mit einer besseren Kamera.“ Enttäuscht zahlte ich die Entwicklungsgebühr und blätterte niedergeschlagen durch die Abzüge. Da, das eine Bild. Das war doch was. Die Fotografin schaute mir zu. „Ja“, sagte sie, „das da hast du gut gemacht. Man sieht ja auch bei den anderen, dass du nicht einfach nur draufgehalten hast. Hast du keinen anderen Apparat?“
„Nein“, meinte ich bedrückt, „mein Vater hat zwar eine Spiegelreflex, aber da lässt er mich nie im Leben ran.“
„So streng?“, fragte sie. Ich nickte traurig.
„Macht es dir denn Spaß?“
Ich schaute sie verständnislos an.
„Das Fotografieren, macht es dir Spaß?“, wiederholte sie lächelnd ihre Frage. Ich bejahte verlegen.
„Weißt du, wenn du deine Freundin mal hier herbringst, kriegst du von mir eine ordentliche Kamera in die Hand. Dann darfst du dich hier mal eine halbe Stunde im Atelier austoben. Was hältst du davon?“
Ich überlegte kurz. Das Angebot war unverhofft und sehr verlockend. Und ich würde Anja nochmal fotografieren können, diesmal mit einer richtigen Kamera. „Vielen Dank für das nette Angebot. Sie ist nicht meine Freundin, aber ich lauf gleich mal hin und frag sie, ob sie Zeit und Lust hat.“
Sie schaute auf die Uhr. „Wenn du es in einer halben Stunde schaffst, könnt ihr heute noch kommen.“
Ich rannte buchstäblich die ganze Strecke bis zu ihrer Wohnung. „Schulze“ stand an der Klingel. Ich drückte ein paar Mal auf den Knopf und hörte den Summer innen. Doch das war auch alles. Ich klingelte noch ein paar Mal mehr, aber es öffnete niemand die Tür. ‚Schade‘, dachte ich, ’sicher ist sie auf Arbeit oder so.‘ Einer Eingebung folgend, wollte ich wenigsten den einzigen vorzeigbaren Abzug durch den Briefkastenschlitz in der Tür schieben. Doch wie es schien, hatte ich ausgerechnet den bei der Fotografin liegen gelassen. Still verfluchte ich meine Dummheit und rannte, noch ganz in Gedanken, die Treppe wieder herunter. Im Tordurchgang des Hauses war es dunkel und nur die vor mir aufflammende Zigarettenglut ließ mich abrupt innehalten, sonst hätte ich Anja sicher umgerannt. Sie war überrascht und erfreut, mich zu sehen. Ich erklärte ihr mit überschlagenden Worten, weshalb ich gekommen war und entschuldigte mich, dass die von mir gemachten Fotos bis auf eins alle nichts geworden seien. Und ausgerechnet das könne ich nicht zeigen, weil ich es im Fotoladen liegen gelassen hatte, aber wenn sie Zeit und Lust hätte, könnten wir ja zusammen hingehen und die Fotografin hätte auch versprochen… Anja sah mich an wie ein Auto. Das war wohl zu schnell zu viel auf einmal gewesen. Ich holte tief Luft. „Hast du eine Stunde Zeit?“ Sie nickte sofort. „Komm mit, wir müssen zum Fotografen“, sagte ich und nahm sie bei der Hand. Wir gaben bestimmt ein seltsames Bild, weil sie mich um etliche Zentimeter überragte. Und ich musste sie immer wieder ziehen, weil sie trotzdem mit meinem Tempo kaum mitkam. Unterwegs erklärte ich ihr noch einmal langsam und verständlich die ganze Maläse und die Gelegenheit, die uns die Fotografin anbot. Mit begeisterten Worten beschrieb ich ihr das einzige brauchbare Foto, das noch im Atelier lag. Immer wieder bat ich sie, doch noch ein bisschen schneller zu laufen, damit wir nicht zu spät wären.
So kam es, dass wir beide ziemlich erhitzt und außer Atem waren, als wir endlich ankamen. Die Fotografin lächelte wieder: „Das ging ja schnell. Du hast hier übrigens was vergessen“, und reichte mir den Abzug.
„Oh danke, dass sie das Bild aufbewahrt haben. Das hier ist Anja, mein Modell.“ Dann reichte ich dieser das Foto und bat sie, sich noch einmal von mir fotografieren zu lassen. Sie sah das postkartengroße Glanzpapierbild an und hörte mir zu. Man konnte sehen, wie ihre Augen zu strahlen begannen.
Die Fotografin bat uns, ihr zu folgen. Sie zeigte Anja einen Spiegel und die begann sofort, sich zu striegeln und zu schminken. Birgit, die geduzt werden wollte, stellte ihr noch einen dicken Puderpinsel hin. Wegen der Glanzlichter, meinte sie. Dann gab sie mir eine kurze Einweisung und drückte mir eine geladene Praktica in die Hand.
Mit einem „Darf ich rauchen?“, ließ sich Anja auf den Hocker vor der schwarzen Wand fallen. „Eigentlich nicht“, meinte Birgit, „aber für euch werde ich eine Ausnahme machen.“ Dann rückte sie noch einen Seitenspot so, dass der Rauch extra beleuchtet wurde. „Na dann legt los“, meinte sie schließlich und ließ sich auf einem Hocker neben dem Eingangsvorhang nieder.
Anja trug einen ähnlichen Rock wie beim letzten Mal, dazu eine plissierte, helle, geknöpfte Bluse, nur auf eine Jacke hatte sie verzichtet und statt der Schnürsandalen trug sie schwarze Lacksandaletten mit einem Keil. Ich machte ein erstes Foto, das Anja beim Anzünden zeigte.
„Ganz ruhig. Denk dran, einatmen, ausatmen, Luft anhalten und LANGSAM durchdrücken“, kam es gelassen aus Birgits Mund hinter meinem Rücken.
Ich konzentrierte mich und machte es noch einmal. Und noch einmal. Schnell verinnerlichte ich den richtigen Rhythmus, arbeitete mich dabei immer näher an Anja heran, die ganz entspannt rauchte. „Weißt du“, sagte ich dabei, „wenn ich heute auch nur eins hinbekomme, wie das eine vom vorigen Mal… das wäre toll. Du warst darauf so … so entspannt.. so … wunderhübsch… Ja, genau … SOOO.“
Sie senkte geziert den Kopf und ich hatte Ladehemmung. Mist, hatte ich etwa den Apparat kaputt gemacht?
„Halt, warte bitte, der Film muss gewechselt werden“, unterbrach mich Birgit. Wie jetzt, hatte ich etwa schon einen ganzen Film verknipst?
„Mach dir keine Sorgen“, lächelte Birgit meinen Schreck weg, „wir werden schon klar kommen. So, hier, fertig!“
Wieder nahm ich die schussbereite Kamera in die Hand und dirigierte Anja, der langsam wärmer wurde. Ich war wie in Trance. Auch dieser Fotoapparat war nicht mit Profigeräten vergleichbar, nicht einmal mit damaligen, aber er ermöglichte mit seinem Spiegelsucher und der einstellbaren Schärfe auch einem Anfänger wie mir, das einzufangen, was in meinem Kopf schon als Vorlage existierte. Anja lachend, Anja ernst, Details ihres Gesichts, die wunderschönen dunklen Sommersprossen auf ihrer Nase und unter ihren Augen, wie ihre Lippen sich um das Filtermundstück legten, wenn sie an der Zigarette sog. Ich machte einen Film nach dem anderen voll, hatte schnell raus, wie ich selber nachladen musste, nachdem ich Birgit zweimal zugesehen hatte. Sie stellte einfach fünf weitere Filmpatronen hin und ich war so frei mich zu bedienen. Ich glaube, während dieser halben Stunde verliebte ich mich endgültig in Anja. Ich fand immer neue Details an ihr, ihrem Gesicht, ihrem Haar, ihrer Figur, der Art, wie sie sich mir zuneigte, die sie für mich noch anziehender, noch begehrenswerter machten. Und ich machte es ihr leicht, das zu spüren, war voll des Lobes, schmeichelte ihr, animierte sie. Ich weiß nicht genau, wie es funktionierte, aber wir hatten einen Draht zueinander. Jeder wusste haargenau, was der andere zeigen oder sehen wollte, ohne dass es vieler Worte bedurfte. Birgit beobachtete uns zunehmend fasziniert aus ihrer Ecke, wie sie mir später gestand. Ich musste wohl instinktiv vieles richtig machen, denn während es immer wieder Klick-Ratsch-Klack machte, während ich versuchte, die Essenz des Momentes, diese Frau, ihre Person in Momentaufnahmen zu bannen, war sie meine Ergänzung, die Verlängerung meiner Vorstellungen.
Es wurde immer wärmer in dem fensterlosen Atelier und immer stickiger. Die Luft war mittlerweile blau und mir stand der Schweiß auf der Stirn, während ich mal vor ihr kniete, mal eine Halbtotale machte oder einen Schritt zurück trat. Auch Anja war es warm. Sie öffnete zwei mehr als die schicklichen Knöpfe und fächelte sich prustend Luft in den Ausschnitt. Grinsend drückte ich auf den Auslöser. Sie bedeckte in gespielter Scham lächelnd ihren offenen Ausschnitt und schaute mich mit geneigtem Haupt neckend von unten an. Klick! Sie winkte mich grinsend näher und lüftete wieder den Ausschnitt. Klick, machte es von schräg oben. Sie machte keine Anstalten, ihre nackte Brust zu bedecken. Es ging mir durch und durch. Mein Atem stockte und das Blut schoss mir mit Schallgeschwindigkeit ins Zentrum. Dass sich in meiner Hose etwas bewegte, war unvermeidlich und vermutlich deutlich sichtbar. Ich ging vorsichtig einen Schritt zurück, um ihr Gesicht mit einzufangen. Sie nahm einen tiefen Zug und beugte sich zu mir. Ließ den Rauch ganz langsam aus ihrem Mund entweichen und mich einen perfekten Schuss machen. Ihr erhitztes Gesicht leicht verschwommen durch die Rauchkringel, das schmale Kinn vorgereckt, ihr fast waagerecht vorgebeugter Oberkörper zwischen weit gespreizten Beinen, die linke Hand, die den Blusenausschnitt aufzog und den Blick des Betrachters, also meinen, auf ihre BH-freie Brust lenkte, während sie unverkennbar mein Becken durch den langsam aufsteigenden Rauch unter halb geschlossenen Lidern musterte.
„Das ist … sensationell. Einfach Wahnsinn, Anja.“ Ich machte noch ein paar weitere Bilder, wie ihr Kopf langsam nach unten sank und sie sich selber in den Ausschnitt starrte, dann war die Magie des Moments vorbei. Anja lehnte sich wieder zurück, drückte ihre Zigarette im Ascher aus und ihre großen, braunen Augen musterten mich seltsam neugierig. Ich muss wie ein Idiot ausgesehen haben, zumindest fühlte ich mich so.
Birgit kam zu mir, ich übergab ihr die Kamera und sie fragte, ob wir noch eine halbe Stunde Zeit hätten, dann könne sie uns das Ergebnis zeigen. Wir waren perplex. So schnell? Natürlich hatten wir noch eine halbe Stunde, es war ja erst kurz nach halb sechs. Wir gingen um die Ecke und setzten uns in eine Eisdiele. Anja holte für sich und mich einen Eisbecher, was mir sehr peinlich war, aber ich hatte mein knappes Taschengeld schon beim Fotografen gelassen, wie ich ihr verschämt gestand.
„Was denkst du?“, fragte sie mich mit verschmitztem Lächeln, während sie ihr Eis löffelte. Ich wusste nicht, wo ich beginnen sollte. Das Atelier; die Kamera; Anja, die sich wieder von mir fotografieren ließ. Ich plapperte wie ein Wasserfall, fand für alles überschwängliche Worte. Aber dann diese letzten Bilder, bei denen sie mir ihre Brust gezeigt hatte. Natürlich nicht voll, nicht frontal, nicht plakativ vors Gesicht gehängt, wie man es heute gewohnt ist. Nein, ein kleiner Fleischhügel, der lockend nach unten herausragte, der Nippel mehr zu erahnen trotz all des Lichtes. Und sie hatte mir den Einblick freiwillig gewährt, ohne dass ich angedeutet hätte, ihre Brüste sehen oder gar fotografieren zu wollen. Nicht, dass ich es mir nicht gewünscht hätte. Aber in pubertären, intimen Momenten über etwas zu fantasieren und es dann plötzlich unmittelbar vor Augen zu haben… Nein, diese Blitzer waren definitiv kein Zufall, kein „Busen-Blitzer“, das war so gewollt. Sicher eine spontane Laune, aber die Hand, mit der sie ihren Ausschnitt vor dem Kameraauge aufzog, ließ keinen Zweifel zu. Allein der Gedanke ließ meine Erektion wieder schmerzhaft werden, was mir furchtbar peinlich war. Sie musste wohl ahnen, wie es um mich stand und wieso ich plötzlich mit verkniffenem Gesicht schwieg.
„Hat dir gefallen, was ich dir gezeigt habe?“, flüsterte sie und schaute mich gespannt an.
Ich war einen Moment unfähig etwas zu sagen, nickte nur mit gesenkten Augen. „Es hat mir sehr gefallen, Anja.“, murmelte ich mit belegter Stimme, „Du bist eine wunderschöne, eine begehrenswerte Frau. Und ich bin dir so dankbar, dass ich dich fotografieren durfte. Und deine… Wie du… Das… das war … einfach … wunderbar. Ich…“ Verlegen räusperte ich mich und sah sie offen an: „Ja, Anja, es hat mir wirklich, wirklich unglaublich gut gefallen. Du bist die schönste Frau der Welt für mich. Danke, vielen Dank!“
Nun wurde sie etwas verlegen und löffelte mit peinlicher Akribie kleinste Reste aus ihrem Becher. „Weißt du, dass man das bei dir genau sehen kann?“
Ich rutschte wie vom Sturm gefällt auf der Bank zusammen und versuchte mit aller Macht, meine Beule schrumpfen zu lassen oder wenigstens zu kaschieren. Sicher musste Anja dieses Unglück bemerkt haben, würde mich nun deswegen auslachen, aufstehen und weggehen. Und das wollte ich nicht. Seltsamerweise wollte ich dennoch, dass sie bemerkte, was ich fühlte, was sie in mir auslöste. Es war unheimlich, einerseits schämte ich mich in Grund und Boden, gleichzeitig jedoch pochte in mir jenes Gefühl, das mich so unnennbar erregte. Und Anja lächelte. Sie lachte mich nicht aus, sie amüsierte sich vielmehr über mein Bemühen, meinen Zustand vor ihr zu verbergen.
„Weißt du, dass es ganz natürlich ist, dass man das bei Jungen sieht, wenn ihnen ein Mädchen … ganz besonders gefällt?“, fragte sie lächelnd. „Und weißt du auch, dass Mädchen das gar nicht schlimm finden – außer, wenn sie den Kerl nicht mögen?“ Sie sah mich wieder auf ihre unnachahmliche Art an und spielte dabei mit dem obersten geschlossenen Blusenknopf. „Eher das Gegenteil von schlimm.“
Mir stockte der Atem: „Du meinst … angenehm?“
Ein undeutbarer Ausdruck huschte wie ein Schimmern über ihr Gesicht, während sie weiter die Becherwände mit dem Löffel abspachtelte. Ich entspannte mich ein wenig aus meiner verkrampften Stellung. Den trockenen Hals behandelte ich mit geschmolzenem Eis.
Sie sah an die Wand auf die Uhr. „Langsam sollten wir…“
Ich stellte meine Becher hin, und stand gebeugt auf. Anja war bezaubernd: „Kannst du bitte meine Tasche nehmen?“ Ich hielt ihr Täschchen peinlich genau vor meine Körpermitte, bis wir ein paar Schritte gegangen waren. Instinktiv wählte ich die beste Art, sicherzustellen, dass auch ja jeder zufällige Passant meinen peinlichen Zustand der Erregung bemerkte. Und bei dem Wetter waren viele junge Mädels unterwegs. Anja bemerkte das auch. Sie blieb stehen. „Gibst du mir bitte meine Tasche?“ Ich reichte sie ihr mit hochrotem Kopf und sie hängte sie um und lächelte mich verheißungsvoll an. Dann kam sie an meine Seite, schlüpfte unter meinen Arm und strich mir beruhigend über die Seite. „Es gibt absolut nichts, wessen du dich schämen müsstest. Das sieht toll aus und ist ganz normal. Die anderen sind bloß neidisch.“ Sprach’s und drückte mir für einen äonenlangen Herzschlag fest ihre zuckersüßen Lippen auf den Mund. Ehe ich mich versah, marschierte ich mit einer begehrenswerten, hübschen Frau im Arm und stolz geschwellter Brust sowie den bei solchen Gelegenheiten üblichen weiteren Schwellungen wieder Richtung Fotoatelier. Das Kichern der Gänse, die uns tuschelnd nachschauten, hatte plötzlich eine andere, mir bislang unbekannte Bedeutung gewonnen. Ich hatte einen Ständer in Gegenwart einer tollen Frau, die sich an mich schmiegte. Das konnten ruhig alle sehen. Was konnte das Leben denn noch schöneres bieten?
Ich hatte ja keine Ahnung!
– 3 –
Birgit rief uns durch den Laden zu, wir sollten zu ihr in die Dunkelkammer kommen und dirigierte uns durch die Tür. Staunend sahen wir uns um. Das war also ein Labor. Seltsam rotes Licht ließ alles fremdartig aussehen. Birgit hängte, nur mit einem ärmellosen Kittel bekleidet, gerade die letzten tropfnassen Abzüge auf. „Ich hoffe, du hast nichts dagegen, ich habe nur die besten ausgesucht, das hätte sonst zu lange gedauert.“ Sie grinste und behielt uns im Blick. „Ich denke, fünfzehn sollten vorerst genug sein. Und bitte nicht anfassen, die sind gerade frisch fixiert und müssen noch trocknen.“
Mir verschlug es die Sprache. Das waren keine Fotos, das waren Plakate, was sie da an die längs durch den Raum gespannten Leinen hängte! Es fiel mir schwer, ruhig zu bleiben. Die Wärme und die scharf riechende Luft setzten mir zu und ich hörte auch Anja prusten. „Schau dir DAS an!“, rief sie mich dann zu sich. Es war das Foto, auf dem ich ihre Sommersprossen aufs Korn genommen hatte. Daneben eins, wo ihre Lippen sich großformatig so eng wie eine Gummimanschette um den Filter ihres Sargnagels legten. Dann eins, auf dem sie einfach nur sie war, ernst, fast streng, den Blick gesenkt, gesehen durch eine opake Rauchwolke. Und direkt daneben: Anja zeigt sich! „Ich finde es großartig, das hast du wirklich klasse geknipst!“ gurrte sie. „Aber Anja, das bist doch du. Ohne dich wär das hier alles gar nicht da“, antwortete ich verlegen, „Ich habe doch einfach nur fotografiert…“
„Sei nicht so bescheiden“, konterte sie, „das ist wirklich ein beeindruckendes Bild und es ist das erste, auf dem ich mich so sehe. ICH finde es toll! Es passt zu mir, obwohl es eine Seite von mir zeigt, die… naja“, winkte sie ab. „Und das ist allein dein Verdienst.“ Mit diesen Worten tat sie einen Schritt zurück und ließ ihren Körper gegen meinen sacken. Ich zuckte zusammen und hielt dagegen, wobei ich merkte, wie ich durch ihre Berührung im D-Zug-Tempo hart wurde. Anja schien das mit ihrem Hintern genau zu spüren und sorgte mit wiegenden Beckenbewegungen dafür, dass ihr um Himmelswillen ja nichts davon entging. Der vergrößerte Anblick des aufgezogenen Blusenausschnitts und der hellen Wölbung darin auf dem tropfenden Papier vor meiner Nase versetzten mich in sonderbare Euphorie. „Du bist so schön, so wunderwunderschön“, flüsterte ich wie in Trance in ihr Ohr.
„Ihr dürft euch ruhig noch die anderen ansehen“, holte uns Birgit in die Wirklichkeit, „Ich finde, dass ihr das alle beide gut gemacht habt. Wie schön, dass ihr euch getroffen habt.“ Wir sahen erst sie wortlos an, dann uns. Wie von selber fanden unsere Lippen zueinander. Suchten sich und tauschten atemlose Augenblicke purer Glückseligkeit, die wir bewegungslos mit geschlossenen Lidern genossen. Dann traten wir gemeinsam einen Schritt zur Seite und dann noch einen. Bild für Bild betrachteten wir gemeinsam. Sei es durch die ungewohnte, extreme körperliche Nähe, sei es durch das ungewöhnliche Licht, in jedem Bild entdeckte ich erotische Bezüge und Details, die dafür sorgten, dass Anjas Hintern sicher bald Druckstellen haben würde, wenn sie so weitermachte. Wir tauschten uns frei darüber aus und waren uns bald einig: Ich brauchte dringend eine vernünftige Kamera – um ein gutes Fotomodell hingegen bräuchte ich mir keine Sorgen zu machen. Dem pflichtete auch Birgit bei, die sich zu uns gesellt hatte und anbot, ihr Atelier samt Technik auch weiterhin bei entsprechenden Gelegenheiten zur Verfügung zu stellen. Sie versicherte uns, dass uns für die heutige Session keine Kosten entstehen würden und bat lediglich darum, die entstandenen Bilder als Werbung für ihr Studio im Schaufenster und Laden ausstellen zu dürfen. Ich sah mich aus dieser Entscheidung herausgenommen, doch Birgit forderte nach Anjas schnellem Ja auch mich auf, darüber zu befinden, immerhin sei ich Urheber der Aufnahmen. Ich gab ohne langes Überlegen meine Zustimmung, weil letztlich sie diese Aufnahmen auf ihre Kosten möglich gemacht hatte.
Anja schmiegte ihre heiße Wange an meine und schnurrte wie ein Kätzchen. Ihre Finger wollten meine gar nicht mehr loslassen und sie genoss, wie ich spielerisch ihr Ohrläppchen zwischen die Lippen nahm, als wir vor dem Atelier standen. Es war noch immer warm und hell, einer jener Frühlingstage, die die Sehnsucht auf Sommer und Ferien fast so drängend machten wie Platzansprüche meines beim besten Willen nicht mehr Kleinen, der wohl am liebsten die Hose sprengen wollte. Ich musste unentwegt an ihre Brust denken, sah sie direkt vor meinem geistigen Auge. Anja hakte sich wieder bei mir unter und ich legte meinen Arm um sie. Wir spazierten diesmal gemütlich zu ihrer Wohnung und kamen dabei öfter an Passanten verschiedenen Alters und Geschlechts vorbei. Ich weiß nicht, woher meine Sicherheit kam, aber mit Anja im Arm schien mir die ganze Welt zu gehören. Stolz und erhobenen Hauptes schritt ich mit ihr dahin und es kümmerte mich nicht die Bohne, dass sich durch meine dünne Sommerhose deutlich eine harte Erektion abzeichnete. Ich empfand es vielmehr als Auszeichnung, der Welt solcherart kund zu tun wie es um mich bestellt war. Auch Anja konnte es nicht lassen, immer wieder an mir herunter zu schielen und sie strahlte mich dann jedes Mal an wie die Sonne, was wiederum dafür sorgte, dass mein Ständer kein bisschen schrumpfte.
So kamen wir an etlichen wissend lächelnden und auch einigen neidischen Augenpaaren vorbei. Als wir bei Anjas Haus angelangt waren und das Tor hinter uns zufiel, blieb sie einfach stehen, drängte sie sich an mich, umarmte mich beherzt und forderte Lippenkontakt. Ich glaubte zu vergehen, als sich unsere Zungen das erste Mal berührten. Mein erster Zungenkuss, noch dazu mit einer Frau, in die ich bis über beide Ohren verschossen war – und sie drückte sich so fest an mich, dass ich deutlich ihre kleinen Brüste an meinem Brustkorb spürte. Damit nicht genug, rieb sie auch ihr Becken an meinem. Ich kann gar nicht beschreiben, was das in mir auslöste. Der Strom der Eindrücke war so überwältigend, dass ich nicht wusste, was ich tun, worauf ich mich konzentrieren sollte. Sie einfach nur bewundernd anstaunen? Zu genießen, wie sie ihren warmen, weichen Körper an mich schmiegte? Mich weiter zwischen ihren Lippen verlieren, die so unglaublich weich und gleichzeitig fordernd waren? Und sie fasste mich die ganze Zeit an, ihre Hände schienen überall zu sein. Ich wünschte mir, der Augenblick würde nie vergehen und genoss die sich zu Stunden dehnenden Minuten in der dunklen, stillen Toreinfahrt ihres Wohnhauses.
Als ich irgendwann bemerkte, dass es immer dunkler wurde, setzte ich schließlich zu einer Verabschiedung an, doch jedes Mal erstickten ihre Lippen meine Versuche im Keim, ihr zu erklären, dass ich längst zu Hause sein müsste, meine Eltern sich bestimmt schon Sorgen machen würden. Aber ich würde sie gerne wieder besuchen. Und fotografieren. Am liebsten gleich morgen. Ob sie meine Freundin sein wolle, wagte ich schließlich atemringend und mit bang pochendem Herzen zu fragen.
„Möchtest du das denn? Willst du, dass ich deine Freundin bin?“, fragte sie mit großen Augen zurück. „Mehr als alles in der Welt“, flüsterte ich mit rauer Stimme. Ihre Lider flatterten und sie küsste mich so heftig, dass mir beinahe die Luft weg blieb. Plötzlich spürte ich ihre Hand, die sich zwischen uns schob und mein Gefühlszentrum berührte. „Anja!“, zuckte ich zurück. Sie ließ mich erschrocken los. Nie werde ich den verblüfften Ausdruck in ihrem Gesicht vergessen. „Was, hab ich zu derb…?“
„Nein!!! Ich … ich war nur so überrascht. Das war… Dort… dort hat mich noch nie ein Mädchen angefasst“, gestand ich ihr mit bebender Stimme, „Und schon gar keine so schöne, begehrenswerte Frau.“ Ihr zu sagen, dass ich Angst hatte einfach in die Hose zu spritzen wenn sie mich derart intim berührte, wagte ich nicht.
Aber Anja war Krankenschwester und einiges gewohnt. In gespieltem Ärger knuffte sie mich vor die Brust. „Du dummer Kerl, mich so zu erschrecken!“ Dann kam sie einen Schritt näher, legte vorsichtig von der Seite die Arme um mich und senkte ihre Stirn an meine Schläfe. Ihre Finger strichen beruhigend über mein Gesicht und meinen Hals. „Übrigens machen Freundinnen so etwas gern!“, flüsterte sie. Während ihre Lippen in mein Ohr hauchten, wanderten ihre Finger spielerisch an meiner Vorder- und Rückseite tiefer. „Oder gefällt dir das etwa nicht?“
Oh, diese Stimme! Rauchig lockend, gurrend, erregend. Alles versprechend. Ich nickte nur mit einem dicken Kloß im Hals, unfähig, ihr in die Augen zu blicken. Ihre Finger schienen ein Eigenleben zu entwickeln, während ihre Lippen wieder meine suchten, und ihre Hände sich zielgerichtet tiefer arbeiteten.
‚Freundinnen machen so etwas gern‘, hallte ihre Stimme in meinen Ohren nach. Ob Freundinnen wohl auch wussten, was dann ganz, ganz schnell geschehen konnte? Ich zumindest wusste nicht, wohin mit meinen Zweifeln und Ängsten. Ich wusste überhaupt nicht mehr, was ich wollte und was nicht. Der Bereich zwischen meinen Lenden jauchzte und lechzte nach Berührung, nach Reizung und Erfüllung. Ein Teil meines Verstandes empfahl fast unhörbar, mich schnellstens heim zu machen, des Donnerwetters gewärtig, das schon über mir dräuen musste. Doch mein Wille? Was WOLLTE ich? Ich wünschte mir, die Zeit still stehen lassen zu können, den Augenblick ins Unendliche zu dehnen und nichts entscheiden zu müssen. Ich wollte für immer weiter hier stehen, Anja küssen, sie berühren. Aber nicht einmal das wagte ich. Ich wagte nicht einmal mehr, sie anzufassen obwohl alles in mir schrie: ‚Leg sofort deine Arme um sie, Idiot! Los, fass sie endlich an, sie tut es doch auch! Und die ist ganz sicher nicht aus Zuckerwatte, auch wenn sie noch so süß ist. Dafür sind Freundinnen schließlich auch da!‘
Sei es, dass Anjas Geknutsche und Gefummel der Vernunft endgültig den Sauerstoff abgrub, vielleicht schämte ich mich auch meiner Feigheit zu sehr, ich umarmte sie jedenfalls wie ein Ertrinkender und zog sie immer fester an mich. Drückte ihr dabei meine Zunge in den Mund, weniger schlängelnd und spielerisch, mehr wie einen Pflock, gegen den sie kämpfen musste. Meine Hände rutschten derweil ihren Rücken herab, zielstrebig, keinen Zweifel daran lassend, dass ich meine beiden Händen fest um ihre Pobacken schließen und ihren Unterleib dabei gegen meine Erektion pressen würde. Und ich weiß noch genau, dass es das war, was mein Denken beherrschte: mein Schwanz. Ich wollte ihn so fest es ging an sie drücken, sie sollte ihn spüren, sollte hautnah erfahren, wie drängend mein Verlangen nach ihr war. Sie keuchte überrascht in meinen Mund und öffnete für einen Augenblick die Augen. Weit und groß. Ich sah es in ihnen blitzen. Dann hielt sie dagegen. Sie kämpfte. Versuchte, mich aus ihrem Mund zu drängen und wieder einzusaugen. Gleichzeitig riss sie an meinen Haaren, zog meinen Kopf noch fester gegen ihren. Sie schnaufte vor Anstrengung, löste mühevoll eine meiner Hände von ihrem Hintern ab und presste sie auf ihre Brust. Als sie sicher war, dass ich tat was sie wollte, wanderte ihre Hand fordernd in meinen Schritt. Und ich ließ sie gewähren. Wir tauschten Speichel. Stöhnten unseren Atem und unsere Lust in den Mund des anderen, bis wir wie im letzten Moment die Wasseroberfläche erreichende Taucher keuchend nach Luft schnappen mussten. Wir versanken in einem Taumel der Lust, blendeten alles um uns herum aus. Anja zwängte gerade ihre Hand in meine Hose, da ging plötzlich das Tor auf und ein älteres Pärchen kam herein. Ich konnte Anja gerade noch an mich ziehen, als das Licht anging. „Habt ihr kein zuhause, Kinderchen? Dafür gibt’s doch draußen Gebüsch“, rügte uns der Mann stirnrunzelnd, was ihm einen Rippenstoß seiner Frau einbrachte. „Mensch, Dieter, wir waren doch auch mal jung!“
Ich machte mich erschrocken von Anja los, als die zwei um die Ecke bogen. „Anja, bitte… ich MUSS jetzt gehen!“ flehte ich sie an, während ich mich mit fliegenden Fingern wieder öffentlichkeitstauglich machte. „Sehen wir uns morgen?“ Sie schien nicht fähig zu reden, nickte nur stumm und winkte mir hinterher, während ich mir wünschte die Zeit zurückdrehen und mich verdoppeln zu können, als ich nach Hause rannte.
Auf dem Nachhauseweg überdachte ich meine Optionen. Wahrheit oder Lüge? Ich entschied mich für die erste Variante, weil ich Lügen hasste. Lügen waren anstrengend und unrecht. Lieber eine Moralpredigt ertragen als sich in immer schlimmeren Lügen verstricken und ein schlechtes Gewissen haben, das nächtelang wie ein Mühlstein in meinem Magen drücken würde. Natürlich war es angeraten, nur so viel zu enthüllen wie unbedingt nötig. Was nicht hinterfragt wurde, musste auch nicht gestanden werden. Und es besteht nun mal ein großer Unterschied zwischen „Danach hat niemand gefragt“ und „Ich habe gelogen“. Wie sich herausstellte, waren weder Vater noch Mutter da, als ich daheim ankam. Sicher bei irgendeiner Feier. Mein Schwesterherz schlief friedlich und so schlich ich einfach in mein Zimmer. Nur Minuten später, es war kurz vor elf, lag ich ausgekleidet im Bett und grinste versonnen vor mich hin. Was war ich nur für ein Teufelskerl, hatte die zweifellos ausstehende hochnotpeinliche Befragung ohne eigenes Zutun weitere wertvolle Stunden abgewendet. Und konnte nun noch einmal unbeschwert in Erinnerungen von Anja schwelgen. Unfassbar, sie hatte meinen Schwanz gerieben. Zwar durch die Hose, doch sie wusste genau was sie tat. Und ich hatte ihre Brust massiert, sie hatte es mir nicht nur gestattet, sie hatte mich praktisch dazu genötigt. So, als ob das angenehm und nötig wäre, dass ich ihre Brüste massierte. Hmm, interessant, das sollte ich mir merken… Ich hatte das weiche, feste Fleisch unter meinen Fingern und Handflächen gespürt, die Härte ihres Nippels erstaunt registriert, ebenso, dass ihr Hintern sowohl fest als auch ganz weich sein konnte.
Und wir hatten uns geküsst. Nein, nicht geküsst. Küsse gab man Eltern. Oder borstigen Erbtanten, wenn man musste. Das hier hatte damit nicht das Geringste zu tun gehabt, das war eindeutig knutschen. Mit Zunge, hach! War das eigentlich schon Sex? Ich wurde unruhig, die sich gerade wieder aufbauende Erregung zerstob in Fetzen. Sex war nicht gut, das wusste ich. Von Sex kamen Babys und dafür war ich noch viel zu jung. Bei Anja war das etwas anderes, die war schon erwachsen und durfte tun, was sie wollte. Ich hingegen mit meinen fünfzehn… Nein, für Nachwuchs war ich noch viel zu jung und unreif. Gut, es gab Verhütung und unterbrochenen Verkehr, das wusste ich schon. Aber ob Anja verhütete wusste ich nicht, wohl aber, dass es bei Frauen nicht gut kam, wenn man als erstes danach fragte. Kondome hatte ich keine und auch keine Lust, meinem alten Herrn zu erklären, wieso ich mich mit einem Mal damit versehen wollte. Und wenn meine Eltern Wind davon bekämen, dass es da eine gab, die bereits meinem Steifen gerieben hatte, noch dazu eine, die ich mehr oder minder eben erst kennengelernt hatte – OH MEIN GOTT!
– 4 –
Am nächsten Morgen, es war ein Schultag, quälte ich mich mühsam aus dem Bett. Vater schlief noch wie gewohnt und ich hörte Mutter in der Küche klappern.
Irgendwie musste ich doch noch von Anja geträumt haben, ein großer feuchter Fleck prangte unübersehbar auf meiner Schlafanzughose und ich ärgerte mich, dass ich nicht einmal dabei wach geworden war, denn diese Art Träume war immer von beeindruckender Intensität. Seufzend säuberte ich mich und kleidete mich an. Mutter empfing mich äußerst ungnädig. „Also wenn du das nächste Mal bei deinem Kumpel bist, sagst du gefälligst vorher Bescheid!“ Ich wollte einen kleinen Moment widersprechen, entschied mich dann aber aus strategischen Gründen dagegen. „Ja, geht klar.“
„Ich muss los, mach’s gut!“
Seufzend packte ich meine Pausenbrote in die Schulmappe und dackelte zur Straßenbahn.
Der Schultag verging in quälender Langsamkeit. Trotz der Erleichterung, dass meine Eltern anscheinend kein großes Trara um mein langes Ausbleiben machen würden, war es mir unmöglich, mich auf irgendetwas zu konzentrieren, nicht einmal die üblichen Frotzeleien erreichten mich. Das fiel natürlich auch meinem besten Freund auf, der daraufhin besonders intensiv versuchte, mich aufzumuntern. Ich war auch einige Male kurz davor, ihn in die Geschichte einzuweihen, aber redete mir stets wieder ein, dass das gestern Abend sicher nur etwas Einmaliges gewesen sei. Fast glaubte ich schon, dass der ganze gestrige Nachmittag und Abend nichts als das Produkt einer überbordenden Hormonausschüttung war. Das konnte einfach nicht passiert sein. Zumindest nicht mir.
Außerdem, ich hatte noch nie Sex gehabt, wieso sollte sich das ausgerechnet jetzt ändern? Bumsen, ficken, vögeln – das war doch etwas, was Erwachsene taten. Ich war bestenfalls ein Heranwachsender, gerade dabei, mich auf den Abschluss der neunten Klasse vorzubereiten. Meine Noten in Mathe, Physik, Deutsch, Chemie, Geschichte, Biologie – DAS sollte mein Denken beherrschen. Doch wie es schien, nahm momentan nur letzteres Fach den ihm gebührenden Rang ein, und auch hier nur der Abschnitt, der sich mit gewissen physiologischen Eigenheiten einer dominierenden Säugetierspezies befasste. Wenn mich überhaupt irgendetwas beschäftigte, dann waren es die anatomischen Details all der Schnecken um mich herum, die ich plötzlich mit eindringlicher Deutlichkeit als Verlockung wahrnahm. Als habe ich einen Röntgenblick, sah ich plötzlich die Brüste jedes beliebigen weibliches Wesen ohne störende Kleidungsstücke vor meinem inneren Auge, wenn ich mich stark genug konzentrierte. Ich verglich diese dann mit der Professionalität eines Arztes mit Anjas. Das hatte nichts Anzügliches, denn ich wurde nicht geil dabei. Es war einfach eine simple Bewältigungsmethode, denn es gab allein in meiner Klasse einige Mädchen, die Anja mit ihren Titten lässig quer durch den Raum geschubst hätten.
Trotzdem verdiente keine von ihnen, mit Anja auf eine Stufe gestellt zu werden, denn nur Anja hatte meine Hand genommen und auf ihre Brust gedrückt. Nur allein sie war es, die gebebt hatte, als ich das zarte Fleisch berührt und geknetet hatte. Und nur sie allein hatte meinen…
Verdammt, jetzt war ich doch geil geworden. Wie zum Hohn rief mich unser Physiklehrer genau in diesem Moment vor an die Tafel. Schon beim Aufstehen merkte ich, wie es im Schritt schmerzhaft drückte. Mist! Doch dann dachte ich an gestern und an Anja in meinem Arm. Ich gab mir einen Ruck und ging nach vorn. Auf dem Weg zur Tafel musterte ich fieberhaft die Aufgabenstellung, denn ich war in meinen Tagträumereien wohl doch etwas unaufmerksam geworden. Der große, korpulente Lehrer schien halbwegs guter Laune zu sein, denn er wiederholte seine Frage und seine schweinchenblauen Augen fixierten dabei einen bestimmten Bereich an der Tafel. Gut, ich war kein kompletter Idiot, zumindest nicht hierbei. Ich wandte mich also unbefangen zur ihm und der Klasse und erzählte ihm was er wissen wollte. Während ich seine zur Lösung hinleitenden Fragen beantwortete, bemerkte ich eine rapide zunehmende Menge erstaunter Blicke, die sicher weniger meinen Physikkenntnissen als vielmehr der sicher nicht unbedingt freiwilligen Zurschaustellung meiner Männlichkeit galt, was diese mit peinlicher Beharrlichkeit dankte. Einige starrten verstohlen, andere ungläubig. Manch eine grinste versonnen.
„Was war denn DAS?“, zischte mich Siggi, mein Banknachbar, an, nachdem ich mich wieder gesetzt hatte. „Hast du da vorne Latte gehabt? In Physik? Hast du sie noch alle?“
Ich zuckte nur ungerührt die Schultern. Wenn der wüsste!
Schließlich war auch dieser Schultag überstanden. Der Nachhauseweg wurde zu einem seltsam erregenden Schaulaufen. Wohin ich auch kam, überall schienen mich Blicke zu verfolgen. Waren es Jungs, waren sie größtenteils herablassend belustigt. ‚Schau mal, der da! Hat sich voll zum Ei gemacht. War mit ’nem Ständer vom Feinsten vorne an der Tafel. Also nee, könnte MIR nieee….‘
Ja, genau.
Was die Mädchen anging: Ich hätte nie geglaubt, wie schnell sich diese Geschichte verbreiten würde. Ich kam mir vor, als würde mich plötzlich die halbe Schule eindringend mustern. Plötzlich grinsten mich selbst einige ältere Schülerinnen an. Möglicherweise war das ja auch gestern schon so gewesen, ich kann es nicht sagen. Heute jedoch fiel es mir auf. So richtig – so, als hätte ich plötzlich ein zusätzliches Sinnesorgan. Und das signalisierte, dass sie auf etwas zu warten schienen. Nun, was mich betraf, konnten sie warten, worauf sie wollten. Es war einfach so: mir war Latte, ob ich Latte hatte oder nicht. Ich hatte mittlerweile gelernt, dass dieses Phänomen mitnichten dazu führte zu explodieren oder verhaftet zu werden. Es brachte nicht einmal Ausgrenzung mit sich – zumindest nicht bei denen, die zu denen ich mich zugehörig fühlte, sondern führte im Gegenteil sogar zu einem erhöhten Interesse von Damen meines Alters und sogar darüber hinaus, was mir ganz recht war.
Wir hatten uns auf dem Weg zur Bahn im „Eis-Eck“ den wohlverdienten Feierabend-Nachtisch geholt. Ich musste natürlich dabei an mein gestriges Eis essen mit Anja denken. Und an das Danach. Rums, da war es wieder, dieses schmerzhafte Ziehen und Spannen. Sabine bemerkte es als erste. Während wir schleckend an der gut besuchten Haltestelle auf unsere Bahn warteten und ich von Anja träumte, merkte ich, dass ihre Augen öfter zu der anscheinend deutlich sichtbaren Beule in meinen Schritt huschten. Als sie merkte, dass ich ihre Blicke peinlich berührt verfolgte, grinste sie und hob eine Braue. Wie jetzt, Sabine? Unser „Breiter Arsch und nette Tittchen“-Schneewittchen? Die glotzte ausgerechnet MIR auf die Hose? Ich grinste verlegen und versuchte mich auf mein Eis zu konzentrieren. Verena, die neben uns mit Eyk über Volleyball diskutierte, musste irgendwie auf Sabines amüsierte Blicke aufmerksam geworden sein. Sie drehte sich zu mir und es dauerte keine Sekunde, da durchleuchtete sie mich faktisch mit Blicken, wandte sich uns zu und wollte wissen, was wir zur anstehenden Schulmesse auszustellen gedachten. Ich zuckte mit den Schultern und wollte gerade verkünden, dass mir das völlig Götz-von-Berlichingen wäre, als mir eine Eingebung kam. Ganz unschuldig ließ ich die Bemerkung fallen, dass es in dem und dem Atelier erste Fotografierversuche von mir zu sehen gäbe. Könne man sich ja mal anschauen, wahrscheinlich wäre es nichts Geeignetes, aber vielleicht…
Eyk sah mich groß an. „Seit wann das denn?“, fragte er neugierig. „Gestern“, quetschte ich heraus. Er nickte nur, als sei ihm nun einiges klar geworden und die Mädels tauschten undefinierbare Blicke. Richtig grün waren die sich eh nicht, keine Ahnung wieso.
Ich war froh, als wir schließlich die Bahn verließen. Erstens war es in der überfüllten, nach Mensch im eigenen Saft müffelnden Kiste beklemmend und zweitens wollte ich zu Anja. Eyk nervte zwar noch ein bisschen rum, ob ich ihm nicht ein wenig von gestern erzählen wolle, aber irgendwie hatte ich keine Lust dazu. Ich flitzte nach Hause, pfuschte mich durch die Hausaufgaben und lauerte darauf, dass mein alter Herr wach wurde, der sich zwischen Dienst und Mugge immer in Schlafbekleidung hinlegte. Die Direktive war klar: Ich brauchte noch immer eine Kamera. Und weitere Hosen. Dieses Problem zumindest war lösbar, ich ließ bei Mutter anklingen, dass meine Hosen in den Hüften zu eng würden und sie legte fest, dass wir uns morgen nach der Schule in der Stadt am Jugendkaufhaus treffen würden.
Das Gespräch mit meinem alten Herren verlief eher suboptimal. Seine Kamera würde er mir nicht überlassen, nicht bei meinen derzeitigen schulischen Leistungen. Und außerdem, ich hätte doch eine. Und solange ich ihn nicht ein paar nette Fotos vorlegen könne, die ich selbst aufgenommen hätte, bräuchte ich da auch vorerst nicht wieder nachzufragen. Im Übrigen müsse er gleich arbeiten gehen. Immer dasselbe, er schlief wochentags stets, bis alle aus dem Haus waren, ging dann zum Dienst, kam nachmittags zurück, haute sich ins Bett, las ein bisschen, schlief etwas und war vorm Abendbrot zur zweiten Schicht verschwunden, von der er meist erst zwischen eins und zwei zurück war.
Ich machte mich auf zu Eyk. Immerhin hatte der ja Interesse signalisiert, zu erfahren was mit mir los war, und langsam fand ich es an der Zeit, mit jemandem zu reden, der nicht gleich ausflippte, wenn ich ihm die ganze Geschichte erzählen würde. Außerdem wollte ich auf dem Rückweg bei Anja vorbeischauen.
Er hatte ganz schöne Stielaugen, als ich im alles berichtet hatte. Natürlich hatte ich ihm auch vom Rumgeknutsche mit Anja im Torweg erzählt. Nicht mal mit meinen Gefühlen für sie konnte ich mich zurückhalten. Er reagierte recht gelassen: „Scheint ja ’ne heiße Schnecke zu sein. Brauchste Kondome?“ „Wie jetzt, sag bloß, du hast welche?“ Er stand auf, kramte in seiner Nachttischschublade und drückte mir grinsend zwei in die Hand. „Nur für den Fall…“
„Woher hast du denn die?“, fragte ich naiv und staunte die Verpackungen an.
„Na ja, wenn man zur Disko geht, passiert es ab und zu, dass eine beim Tanzen geil wird. Dann geht man mit ihr halt vor die Tür. Und damit dabei nichts passiert, kauft man Kondome. Du schuldest mir übrigens ’ne Mark.“
Eyk war ein Schlitzohr. Mit keiner Silbe hatte er bisher erwähnt, dass er ein solcher Gigolo war. Grinsend gestand er mir, dass ihn Ulli Schneider schon bei der ersten Klassenfahrt entjungfert hatte. Ich war sprachlos. Scheinbar vögelten alle in meiner Klasse schon fleißig, als sei es das Normalste auf der Welt. Nur ich kam nicht aus meinem Schneckenhaus heraus. Aber ich wusste, dass sich das ja sicher bald ändern würde.
„Weißt du auch, wie es geht?“, fragte er mich. „Was jetzt?“, fragte ich verwirrt zurück. „Hast du so was schon mal benutzt?“ Er deutete auf die Kondome in meiner Hand. Ich schüttelte beschämt den Kopf. Anscheinend war ich dümmer als ein Esel. Doch er blieb völlig sachlich. „Also, wenn er steht, Vorhaut schön zurück ziehen, richtig rum aufsetzen und vorsichtig drüber streifen. Wenn sie gut ist, hilft sie dir dabei.“ Ich guckte wohl wie ein frisch geschlüpftes Schiebchen. „Äh, wie rum ist richtig rum?“
Gegen neun brach ich auf. Sollte ich tatsächlich um diese Zeit noch bei Anja vorbeischauen? Würde das nicht den Eindruck erwecken, ich wollte etwas von ihr? Ich klopfte grinsend auf die Kondome in meiner Tasche. Ganz sicher wollte ich was von ihr und so wie sie gestern an mir herumgefummelt hatte, lag ihr da etwas daran.
Dass im ganzen Haus kein Licht brannte, ließ mich Schlimmes ahnen. Und so oft ich auch den kaum hörbaren Summer betätigte, es blieb dunkel. Wie bedröppelt stand ich da, hatte mich so auf ein Wiedersehen gefreut. Darauf, sie wieder in die Arme nehmen und mit ihr reden zu können. Ich wollte ihr von meinem Tag erzählen und wie ich sie vermisst hatte. Und dann war da noch diese Sache mit den Kondomen… Und nun stand ich wie ein Depp im Schummerlicht der funzeligen Drei-Minuten-Treppenhausbeleuchtung vor verschlossener Tür. Ich war völlig perplex. Was sollte ich tun? Wo war sie? Hatte sie vielleicht gerade Schicht und ich kam viel zu spät? Verdammt, am liebsten wäre ich in die nächste Klinik gedüst und hätte nach einer Schwester namens Anja Schulze gefragt. Doch es gab mindestens fünf Krankenhäuser in der Stadt. Ich beschloss, heim zu traben, denn mittlerweile war es schon wieder dunkel.
Als ich endlich wieder im Bett lag, wusste ich nicht, wohin mit meiner Niedergeschlagenheit und dem immer drängenderen Lusttrieb. Ich kam mir vor wie verraten, fühlte mich einsam und hatte gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht gleich nach der Schule zu Anja gegangen war. Vielleicht war ja alles allein meine Schuld. Immer wieder musste ich daran denken, wie ich ihre Brust durch die Bluse abgefasst hatte. Wie fest ich zugepackt hatte und wie herrlich es sich angefühlt hatte, wie sie gekeucht hatte, als ich ihre Brustwarze zwischen meinen Fingern gespürt und sie ein ums andere Mal zwischen Daumen und Zeigefinger gedrückt und hin und her gerollt hatte. Wie wohlig sich ihr Hintern in meinen Händen angefühlt hatte. Und was für fantastische Gefühle durch mich tobten, als sie meinen strammen Kollegen durch die Hose rieb. Wären da nicht diese doofen Rentner hereingeplatzt, wer weiß, was vielleicht noch geschehen wäre.
Mit diesen Gedanken schlief ich ein und wurde prompt ein paar Stunden später von einem wilden Traum wach. Ich erinnerte mich nur noch an Traumfetzen, war wieder in der Toreinfahrt, doch diesmal hatte Anja beim Küssen meinen Harten aus der Hose geholt. Plötzlich hatte sie vor mir gehockt, mit beiden Händen den Stamm umfasst und mir einen von der Palme gewedelt, dass ich jetzt noch zuckte. Erstaunlicherweise war sie plötzlich auch oben herum nackt, und ich vermeinte noch im Aufwachen zu sehen, wie mein Sperma auf ihre Brüste spritzte, während ich gleichzeitig spürte, wie ich mich entlud. Verdammt, was war ich für ein Dussel, konnte nicht mal zu Ende träumen. Dabei würde ich gerne so viel mit ihr ausprobieren. All die verboten verlockenden Dinge, die ich in Büchern gelesen oder mir aus Andeutungen in Filmen oder zotigen Witzen zusammengereimt hatte, das alles wollte ich mit ihr genießen, wollte ihren ganzen Körper mit Händen, Lippen und Zunge erforschen, ihr die Hand bis zum Daumen in die Möse schieben, wie ich es in einem Pornoheft bei Steffen zuhause gesehen hatte. Und dort hatte ich sogar gesehen, wie eine Frau von drei Kerlen gleichzeitig gespießt wurde, einer steckte vorn in ihr, ein zweiter in ihrem Mund und der dritte… Es war genau zu sehen, dass sein Ding nicht in ihrer haarigen Möse, sondern dahinter verschwand. ‚Nää, eklig!‘, hatte ich damals gedacht. Aus heutiger Sicht allerdings… Mist, schon wieder spürte ich das typische, heftige Ziehen in meinen Lenden. Nur Sekunden bevor mein Wecker zu klingeln begann, schoss erneut eine weitere Ladung heißen Samens in meine Hosen. Wenn das so weiterging, würde Mutter ob des Wäschebergs ausflippen.
– 5 –
Der nächste Tag versprach öder zu werden als der vorherige. Es kühler geworden und nieselte, so dass die Regenjacke Gebot der Stunde war.
Eyk wartete schon an der Haltestelle: „Und?“ Ich winkte ab. „Vergiss es, sie war nicht da.“ Anschließend durfte ich mir seine neuesten Klatsch- und Tratschgeschichten anhören, bis Verena zwei Stationen später einstieg. Normalerweise war ich ab dann maximal Zuhörer. Die Beiden kannten sich schon aus ihrer vorherigen Schule und es sah für mich aus der jetzigen Perspektive so aus, als würde Eyk auch mit Verena gerne mal „vor die Tür gehen“.
Doch die ließ ihn heute einfach links liegen. „Sag mal, diese Bilder von der Raucherin, die hast DU gemacht?!?“, wandte sie sich direkt an mich. Peinlich, ein Frontalangriff, und ich war noch nicht mal richtig munter. Ihre Augen waren immer so schön rund und groß, wenn sie einen ansah, fiel mir auf. „Ja-ah“, antwortete ich vorsichtig und Eyk spitzte die Ohren. Sie schaute mich wieder mit einer Intensität an, die stets dafür gesorgt hatte, dass ich mich scheute mit ihr zu reden, weil ich ihre Blicke nie deuten konnte. Doch seit vorgestern kannte ich diese spezielle Art mich anzusehen. Ich war wirklich froh, dass ich heute zusätzlich die Regenjacke an hatte, die den sich rapide erhöhenden Raumbedarf in meiner Leistengegend neugierigen Augen verbarg. Verena rückte plötzlich komplett in den Fokus meiner Wahrnehmung. Irgendwie hatte ich sie noch nie so bewusst in mir aufgenommen: Sie hatte dunkelblonde, halblange Haare, die ihr hübsches Puppengesicht mit dem energischen Kinn und dem süßen Knick im Nasenrücken umrahmten, heute zurückgehalten von einer blassgrünen Haarspange; goldbrauner Teint, sympathisches Lächeln, stets leicht gerötete Wangen, ein schmaler Mund mit sinnlich ziselierten Lippen; sie war schlank, hatte ungefähr meine Größe, war durchtrainiert & Sportlerin durch und durch. Oben herum sah sie eher mädchenhaft aus, hatte dafür aber einen knackigen, runden Hintern und schlanke, gerade Beine. Was diese sinnliche Ausstrahlung anrichten konnte, spürte ich gerade in voller Härte. Sie war nun bereits die zweite, deren Beisein dafür genügte.
Sie plapperte unterdessen auf mich ein. „Das sah richtig gut aus, ich hab mir das gestern mal alles angeschaut, hast du echt toll fotografiert. Hätte ich nie vermutet, dass du so was kannst. Selbst die Fotografin war begeistert“, grinste sie mich anerkennend an. Ich wurde verlegen. Verena war ein schnuckliges Mädchen, ein echter Augenschmaus, immer geschmackvoll gekleidet, hübsch, klug und gewitzt. Ich hingegen war nicht wirklich vertraut damit gelobt zu werden. „Oh danke“, winkte ich verlegen ab und setzte gedankenlos dazu: „Das war doch nur zur Übung.“ Ihre runden, haselnussbraunen Augen wurden größer. „Wenn du magst…“, sie beugte sich näher zu mir und hauchte die letzten Worte fast, „… kannst du gern auch mit mir noch mal üben.“ Ihr Blick flatterte kurz, ihr Mund war nur noch Zentimeter entfernt und sie biss sich auf die Unterlippe, während ihre Augen mich hypnotisierten. Ich hatte Mühe, das gerade Gehörte zu verarbeiten, da mein Blut anderswo Schwerstarbeit leistete. Da passierte es. Die Bahn machte einen Schlenker, der sie gegen mich warf. Irgendwie brachte ich es fertig, nicht umzufallen. Sie wollte sich mit einer Hand an mir abstützen, rutschte aber weg und fiel gegen mich. Ich sicherte sie instinktiv mit einem Arm während ich mich mit dem anderen an der Haltestange festklammerte. Verena lag für einen Moment an meiner Brust und schaute wieder auf diese spezielle Weise zu mir hoch. Schließlich drückte sie sich seufzend von mir ab und lächelte mich offen an. „Danke fürs Festhalten! Und überleg es dir mal.“
Sie sah mich abwartend an.
Ich war total geplättet. Hatte sie mich gerade darum gebeten, sie zu fotografieren? Die schnucklige Verena? Wau, das war heftig! Fast ebenso heftig war meine spontane Körperreaktion, die Gottseidank im Verborgenen geschehen war. Ich konnte irgendwie nicht so recht glauben, dass sie sich gern von einem Kerl ablichten lassen wollte, der einen Dauerständer vor sich hertrug.
Eyk war ein guter Verlierer und ein noch besserer Freund. Er nickte fast unmerklich in Richtung Verena. „Ja!“, formten seine Lippen lautlos. Erst da fiel mir auf, dass sie auf eine Antwort von mir zu warten schien.
„Verena?“, begann ich vorsichtig. „Ja?“, antwortete sie erwartungsvoll.
„Wegen des Fotografierens… Also, natürlich würde ich dich gerne … äh, fotografieren.“ Sie lächelte ob meines Gestotters.
„Aber es gibt da ein paar Dinge zu sagen: Ich habe selber keine geeignete Kamera und die Aufnahmen sind mit dem Einverständnis der Fotografin mit ihrer Kamera in ihrem Atelier entstanden.“
„Aber du hast fotografiert?“, fragte sie verunsichert, als sei das alles worauf es ankam.
Ich sah sie überrascht an. „Ja natürlich! Was ich damit sagen will: So eine Fotosession zu organisieren umfasst etwas mehr als auf den Auslöser zu drücken. Ich muss das vorher mit der Frau vom Atelier besprechen. Und es kann durchaus sein, dass die mich … äh, uns nicht lässt.“ Ich wagte kaum sie anzusehen. Gleichzeitig hatte ich blitzartig die Vision vor Augen, wie ich durch den Kamerasucher schaute. Nur dass ich da plötzlich statt Anja Verena vor mir sah. Ihr ebenmäßiges Puppengesicht mit den großen, runden Rehaugen und dem süßen Schmollmund in diversen Schwarz-Weiß-Perspektiven. Und ich merkte, dass es für mich momentan keinen Unterschied machte. Auch da unten nicht.
Verena sah mich abwartend an. Eyk ebenfalls. Hatte ich was verpasst? Erwarteten die jetzt etwa, dass ich das alles hier im Handumdrehen klärte? Eigentlich war das alles doch nur aus einer glücklichen Verkettung von Zufällen entstanden und kein Teil irgendeines Plans. Und überhaupt: ich und Pläne, dass ich nicht lache – ich schaffte es ja nicht mal, meine Freundin zu besuchen und zu … äh, halt! Also gut, mal sehen…
„Ich werd heute noch im Atelier vorbeischauen und fragen, ob morgen Nachmittag ginge. Ich sag dir dann morgen früh Bescheid, in Ordnung?“, zählte ich an meinen Fingern die notwendigen Schritte auf. Ich sah Verena fragend an. Sie nickte und patschte mir grinsend auf die Hand.
Uff, ein Problem gelöst und ein weiterer Punkt auf der Merkliste: Nach dem Einkaufen ins Atelier.
Der Schultag verlief genau so trist wie das Wetter es andeutete. Wen bitte sehr interessierte, wie und weshalb Hochdruckgebiete entstanden? Reichte es nicht zu wissen, dass sie trockenes, warmes Wetter signalisierten? Etwas, das hier gerade durch schmerzliche Abwesenheit glänzte?
Wenigstens waren meine fünfzehn Minuten Ruhm von gestern schon größtenteils dem kollektiven Vergessen anheimgefallen und ich konnte wieder in die bequeme Anonymität der Niemande abtauchen. Gut, Sabine erzählte mir in den Pausen mehr versaute Witze als gewöhnlich, vermutlich wollte sie noch einmal etwas wachsen sehen. Und Eyk wollte unbedingt mit ins Atelier, um sich die Fotos anzusehen. Ich versprach ihn abzuholen, sobald ich vom Hosenkauf zurück war. Bei der Gelegenheit musterte ich gleich mal alle Kerle durch, was die so trugen. Eigentlich war ich ja ein totaler Fan von hautengen, verwaschenen Jeans. Für ein paar gut sitzende, eingetragene Levi’s oder Wrangler-Jeans wäre ich sehr wahrscheinlich mit fliegenden Fahnen zum Klassenfeind übergelaufen. Statt dessen musste ich im Kaufhaus ein halbes Dutzend Stapel durchprobieren, von denen Mutter dann zwei locker sitzende Jeans und eine hellgrüne Kordhose sponserte, nachdem ich sie daran erinnerte, dass die ja nach dem ersten Waschen eh alle immer noch einliefen.
– 6 – Aus der Traum!
Während ich mich nach dem Kaffeetrinken umzog um zu Eyk zu gehen, überlegte ich, ob es nicht klug wäre, vorher noch schnell bei Anja vorbeizuschauen. Ich wollte sie sehen, mit ihr reden. Sie fragen, wo sie gestern gewesen war und wann wir uns wiedersehen könnten. Ich dachte auf dem Weg darüber nach, ob ich ihr von Verena und deren Wunsch erzählen sollte. Doch das erübrigte sich, da wieder niemand auf mein Klingeln hin die Tür öffnete. Langsam wurde es mir unheimlich in dem Haus. Im Erdgeschoss schien überhaupt niemand außer Anja zu leben, was angesichts der prekären Wohnungsknappheit im Lande schon etwas seltsam anmutete. Allerdings war das Haus auch ziemlich heruntergekommen. Ich meine, Toiletten über den Hausflur oder eine halbe Etage tiefer und abbröselnder Putz waren zu der Zeit durchaus nichts Ungewöhnliches. Aber das ganze Grundstück strahlte das Flair eines bereits länger von seinen Bewohnern aufgegebenen Hauses aus. Aber auch das war nicht völlig atypisch. Es roch im ganzen Hausflur nach feuchtem, schimmelndem Mauerwerk, die Treppe war durchgetreten, das Linoleum nur noch in Randbereichen erhalten und seit langer Zeit nicht gesäubert worden und die Haustür eine halbe Treppe tiefer schien mehr symbolischen Charakter zu haben als tatsächlich unbefugtes Eintreten verhindern zu können. Gerade als ich sie öffnen wollte, ging Anjas Wohnungstür auf.
Ich erstarrte, als ein Unbekannter heraustrat und sich umdrehte. Mehr aus einem Reflex heraus trat ich unbemerkt einen Schritt in den Schatten. Ich sah, wie Anja, ja, tatsächlich meine Anja, aus der Wohnungstür trat und ihn küsste. Ungehemmt und gierig. Genau wie mich. Die beiden züngelten ganz selbstverständlich vor der offenen Tür. Doch nicht das war es, was mir schier den Atem aus den Lungen presste. Anja war splitterfasernackt. Und der Fremde schob ihr ganz ungeniert die Hand zwischen die Schenkel und rieb offenbar ihre intimste Stelle, denn sie kickste und kicherte obszön. „Du kriegst von meiner Möse wohl nie genug, was?“ Dabei drehte sie sich halb mit dem Rücken zu mir und ging mit gespreizten Schenkeln leicht in die Knie, so dass er besseren Zugriff hatte und beugte sich dann etwas nach vorn um ihm bei seinem Tun zuzusehen. Anscheinend machte er etwas ganz Bestimmtes, denn sie fing bald an zu keuchen und ihr Becken im Takt seiner Bewegungen zu wiegen. Es quatschte und schmatzte im Treppenhaus im Rhythmus seiner geübten Handbewegungen und Anja massierte scheinbar ohne jedes Schamgefühl ihre kleinen, festen Brüste, wenn ich ihre Armbewegungen richtig deutete. Der Kerl, ein Hüne in schmutzigen Arbeitssachen, griff von hinten in ihr Haar und zog ihr den Kopf in den Nacken, ohne sein Fingern zu unterbrechen. Anjas eine Hand fand scheinbar auch einen Platz nahe des Geschehens und bewegte sich intensiv. Plötzlich stieß sie einen spitzen Schrei aus, erstarrte für Sekunden regungslos und zuckte dann unkontrolliert, wobei sie wimmernd hyperventilierte. Hätte er sie nicht mit seinen weiterhin in sie fahrenden Fingern mehr oder minder aufgespießt und gleichzeitig an den Haaren festgehalten, wäre sie sicher einfach vornüber auf den Boden geknallt, denn ihre Beine waren wie Wackelpudding und
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