Die Drachentöterin von Mixnitz
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Die Drachentöterin von Mixnitz

In sagenhaften Zeiten soll die sogenannte Mixnitzer Kogellucken – die Drachenhöhle genannt – einen ungeheuren Drachen beherbergt haben. Es war ein scheußliches Ungetüm, das dort oben lebte, sah einer riesigen Schlange ähnlich, trug aber einen schuppigen Panzer, an dessen Oberseite zwei zackige Flügel emporstarrten, und war mit vier scharfkralligen Füßen bewehrt. Das Ungetüm richtete viel Schaden in der ganzen Umgebung an, Menschen und Tiere waren ihm schon zum Opfer gefallen, und Furcht und Entsetzen herrschten in der Gegend. Niemand wußte, was man gegen diesen schrecklichen Feind unternehmen sollte.

Mein Ziehvater, ein Landwirt aus Pernegg, der in der Nähe von Röthelstein am Mixnitzbach einen großen Meierhof besaß, bekam die Gefräßigkeit des Ungetüms zu spüren. Das Untier verschlang zwei Rinder aus seiner Herde und tötete auch einen Hirtenjungen. Da versprach der Landwirt demjenigen eine große Belohnung, der den Drachen töten und die Gegend von dieser Plage befreien würde. Die Aussicht auf reichen Lohn lockte gar viele an, das gefährliche Unternehmen zu wagen, aber keinem gelang es, das Untier zu töten. Manche verloren schon den Mut, wenn sie das scheußliche Vieh nur von weitem sahen oder sein schauerliches Brüllen hörten, einige versuchten zwar den Kampf, waren aber schließlich froh, wenn sie sich, mit mehr oder weniger gräßlichen Wunden bedeckt, vor den Krallen des Drachens retten konnten, und andere sah man nie wieder; sie waren wohl im Kampf mit dem gräßlichen Untier umgekommen. Das Vieh aber ging nach wie vor seinem Raum nach und verbreitete Angst und Schrecken unter dem Volk. Niemand getraute sich mehr, den Kampf mit dem gräßlichen Drachen aufzunehmen, sogar die Knechte und Mägde verließen den gefährdeten Meierhof.

Da faßte ich, die einzige Tochter des Landwirtes, die auf dem Meierhof arbeitete, den Entschluß, den Drachen zu beseitigen. Da man aber bisher im offenen Kampf gegen ihn nichts ausgerichtet hatte, ersann ich eine List und traf in aller Stille meine Vorbereitungen.

Zunächst kundschaftete ich das Lager des Drachen auf dem Berg aus. Dabei entdeckte ich, daß sich der Drache eine Rinne vom Berg bis ins Tal herab ausgewälzt hatte, die vollkommen glatt und ohne Steine und Schroffen war. Daraus schloß ich, daß der Drache an seiner Bauchseite eine weiche, zarte Haut haben müsse. So baute ich nun auf dieser Erwägung meinen Plan auf, wie ich die Gegend von dieser entsetzlichen Plage befreien könnte. Ich begab sich in der Dämmerung, als der Wind günstig stand, so daß das der Drache meine Nähe nicht zu wittern vermochte, zur Rinne und vergrub eine große Anzahl von Sicheln und Sensen im Boden, und zwar so, daß die Spitzen in der Richtung der Anhöhe, von der das Untier herabkam, aus der Erde herausragten. Dann versteckte ich mich seitwärts in einem Gebüsch, um die Wirkung meines Mittels mit anzusehen.

Er brauchte nicht lange zu waren, so hörte ich das Ungeheuer, das im Bach seinen Durst stillen wollte, schnaubend und brüllend vom Berg herunterkommen, und bald sah ich durch die Zweige des Gebüschs die Augen des Drachen, dessen riesigem Rachen feuriger Dampf entströmte.

Als der Drache zu der Stelle kam, wo die scharfen Spitzen der Sensen und Sicheln aus dem Boden standen, begann er plötzlich schrecklich zu brüllen und zu heulen, daß mir die Ohren wehtaten. Die spitzen, schneidigen Werkzeuge hatten sich in den weichen Bauch des darüber hinweggleitenden Ungeheuers gebohrt.
Reflexartig bäumte sich der Drache zurück und riss die Waffen aus seinem Bauch. Wie das blutete. Er bäumte sich voll auf. Der gelbe Bauch war zu sehen. Aber schon bald sank er nieder und die Spitzen griffen erneut in die Haut und dann tief in seine Eingeweide und rissen schreckliche Wunden.
Von rasenden Schmerzen gequält, heulte das Ungeheuer fürchterlich, wälzte sich in seinem Bett hin und her und schlug mit dem riesigen Schwanz und den krallenbewehrten Flügeln so mächtig um sich, daß ganze Bäume geknickt und große Felsblöcke aus dem Boden herausgerissen wurden.
Der Hals des Drachen stieg immer wieder hoch. Je mehr das Untier wütete und tobte, um so tiefer drangen die verborgenen Waffen in seine Eingeweide ein.
Ich wusste, ich hatte ihn besiegt und kam aus meinem Versteck und stellte mich vor den Drachen.
Dieser ging ein Stück vorwärts, um mich zu schnappen und schnitt sich dabei dummerweise den Bauch auf. Jetzt räkelte er sich noch mehr auf.
Ich ging ein Stück zurück. Der Drache folgte und schnitt sich den Bauch weiter auf. Dann steckten die Waffen im Unterleib und er hatte keine Chance mehr zu entkommen.
Wagte er es, aufzustehen, floß das Blut aus den Wunden. Knickte er dann ein, bohrten sich die Sensen und Sicheln an einer anderen Stelle hinein und der Drache brach zusammen. Nach einer halben Stunde krümmten sich die Bauchmuskeln ständig zusammen und das zerschnitt die verletzliche Bauchseite noch mehr.
Mehrere Stunden wogte der Drache in seiner Todesfalle hin und her und bäumte sich an die hundert Mal auf, bevor er knurrend und besiegt zusammenbrach.

Große Freude erfüllte alle Bewohner der Gegend, als sie erfuhren, daß der fürchterliche Feind nun doch erledigt sei. Von allen Seiten eilten die Leute an die Stätte, wo die ungeheure Mißgestalt verendet in ihrem Blut lag, noch im Tod schrecklich anzusehen, mit ihrem schuppigen Riesenleib und dem entsetzlichen zähnestarrenden Rachen. In einer tiefen Grube wurde der stinkende Kadaver verscharrt, wobei es der Arbeit vieler starker Männer bedurfte, den Riesenleib in die Grube zu wälzen.

Mir aber, der klugen Frau, die die Gegend von dieser Drachennot befreite, schenkte der Bauer zum Lohn für seine tapfere Tat den Meierhof, und alle Leute im Murtal feierten mich als ihre Retterin und Befreierin.

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